Das 2018 von der Evangelischen Kirche im Rheinland veröffentlichte Friedenswort "Auf dem Weg zum gerechten Frieden" wird innerhalb der Kirche kontrovers diskutiert. Das Papier sei "ein Paradigmenwechsel weg von der Lehre vom gerechten Krieg hin zum Leitbild vom gerechten Frieden", erläuterte Landeskirchenrätin Anja Vollendorf am 18. Juni bei einer Diskussion in der Johanneskirche in Kerpen.

Der Text fordere, Frieden aktiv zu fördern und Auseinandersetzungen durch Verhandlungen, Schlichtungen und Mediationen zu befrieden, sagte Vollendorf. Es sei zu unterscheiden zwischen "power", demokratisch legitimierter Gewalt zum Beispiel der Polizei und des Militärs in eng begrenzten Ausnahmesituationen, und "violence", der zerstörerischen und ethisch nicht gerechtfertigten Gewalt.

Reiner Schwalb, Brigadegeneral a.D. und ehemaliger Militärattaché an der deutschen Botschaft in Moskau, wies darauf hin, dass es aus seiner Sicht "Probleme auf der Welt gibt, die gelöst werden müssen". Als Soldat denke man dabei zielorientiert, unterstrich Schwalb. "Wir befähigen Gesellschaften zur Rechtstaatlichkeit und zur Demokratie. Ohne Waffen geht das nicht." Evangelische Christen könnten auf solche Fragen unterschiedliche Antworten geben. Letztlich seien sie verantwortlich vor Gott.

Militärdekanin fehlt in der Schrift der spirituelle Friedensaspekt

Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul von der evangelischen Kirchengemeinde Kerpen nannte das Friedenswort "einen tollen Impuls von der Landeskirche, Menschen anzuregen, für Friedens-Engagement zu werben". In ihrer Gemeinde gebe es einige Soldaten, die auch im Ausland eingesetzt werden. "Da ist es wichtig, dass man sich wahrnimmt. Und man muss ethisch darüber sprechen, was das für Ausnahmesituationen sind."

Petra Reitz, Leitende Militärdekanin der Bundeswehr, kritisierte, die Schrift kreise "sehr viel um unsere eigene Gerechtigkeit". Ihr fehle der spirituelle Friedensaspekt: "Wir haben den Frieden von Gott empfangen." Auch der "Balance-Akt zwischen der biblischen Friedenstheologie und der politischen Konzeption des liberalen Rechtsfriedens" werde nicht abgebildet, sagte Reitz. Fehlen würden zudem Aussagen über Biowaffen, an denen gerade intensiv geforscht werde, und Cyber-Räume.

Die Evangelische Kirche im Rheinland hatte das Friedenswort 2018, 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, veröffentlicht. Das Papier ruft dazu auf, Krieg als Mittel der Konfliktlösung zu überwinden. Alle Gemeinden und Kirchenkreise wurden um Stellungnahmen gebeten. Auf der Landessynode 2021 sollen die Rückmeldungen diskutiert werden.