In der Diskussion um wirksame Maßnahmen gegen das Corona-Virus steht derzeit eine App für Smartphones im Mittelpunkt, die die Nachverfolgung von potentiellen Corona-Kontakten ermöglichen soll. Ihr Einsatz könnte kommen mit der Lockerung der aktuellen Beschränkungen des öffentlichen Lebens.

Synonym werden dabei die Begriffe Tracking- und Tracing-App verwendet. Indessen gibt es inhaltliche Unterschiede zwischen Tracing (zeitlich versetztes Verfolgen) und dem Tracking (gleichzeitiges Verfolgen).

Im März stellte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen Entwurf vor, demzufolge Funkzellen-Daten abgefragt werden sollen zur Verfolgung von potenziellen Corona-Kontaktpersonen. Doch diese Überlegung war politisch auf großen Widerstand gestoßen: Die Echtzeit-Handy-Standort-Daten seien aus datenschutzrechtlicher Perspektive zu personalisiert - es ließen sich zu viele Rückschlüsse auf Individuen und ihre sozialen Netze ziehen, bemängelten Kritiker. Für den Zweck der Corona-Nachverfolgung seien sie auch zu ungenau. Mit den Funkzellendaten lässt sich zwar grob eingrenzen, wo sich Mobiltelefone und ihre Nutzer aufgehalten haben, aber über physische Kontakte, bei denen potenziell eine Übertragung des Virus stattgefunden haben könnte, geben sie keine oder zu wenig Auskunft.

Übertragung per Bluetooth

Derzeit wird deshalb eine Technologie diskutiert, die genauer arbeiten soll und weniger personalisierte Daten speichert. Auch geht es dabei weniger um eine gleichzeitige Verfolgung, sondern um eine Nachverfolgung, also um das Tracing von potenziellen Corona-Kontakten: Nutzer und Nutzerinnen laden dazu die Tracing-App auf ihr Smartphone und schalten die Bluetooth-Funktion ihres Smartphones an. Alle paar Minuten erzeugt die App eine neue temporäre ID und sendet diese aus, um die Person beziehungsweise das Gerät zu anonymisieren.

Wenn zwei Geräte mehr als 15 Minuten weniger als zwei Meter voneinander entfernt waren und damit der Kontakt aus epidemiologischer Sicht relevant war, wird die anonyme ID auf dem Telefon abgespeichert. Auf die Weitergabe von Ortsdaten wird verzichtet. Interessant ist nämlich vor allem, ob die potenziell ansteckende Begegnung drinnen oder draußen stattgefunden hat, wie lange sie gedauert hat, wie nah sich die Beteiligen kamen und wer - anonymisiert - miteinander in Kontakt stand.

Daten lokal gespeichert

Erst wenn eine Person später positiv auf das Virus getestet wird, kann sie ihre lokal gespeicherten Daten auf den Server laden. Dort wird dann ausgewertet, mit welchen anderen temporären IDs das Handy in Kontakt war. Der Server kann dann diese Handys per App benachrichtigen. Der jeweilige Nutzer bekommt dann die Aufforderung, sich in Quarantäne zu begeben und sich beim Gesundheitsamt zu melden. Das alles soll auf freiwilliger Basis geschehen und ist umso wirkungsvoller, je mehr Menschen sich die App herunterladen. Dann nämlich stehen mehr Daten zur Verfügung und eine lückenlose Nachverfolgung wäre möglich.

Derzeit sitzt ein internationales Team aus Wissenschaftlern, IT-Fachleuten und einzelnen Unternehmen unter der Federführung des Fraunhofer Instituts für Nachrichtentechnik (Heinrich-Hertz-Institut) an der Entwicklung der PEPP-PT (Pan European Privacy Protecting Proximity Tracing) -Technologie, die genutzt werden könnte, um eine App zu konfigurieren. Zudem ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) beteiligt sowie der Bundesdatenschutzbeauftragte. Das Robert Koch-Institut wird die App dann voraussichtlich veröffentlichen.