Düsseldorf (epd). Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, fordert eine intensive ethische Debatte über eine Lockerung oder Aufhebung des teilweisen Shutdown in Deutschland. "Die Einschränkungen sind die Reaktion auf eine Notstandssituation und kein Akt staatlicher Willkür, deshalb müssen wir sie akzeptieren", sagte Rekowski dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es gelte alles zu tun, was eine weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindert. "Dennoch drängt sich die Frage auf, wann wir uns wieder einer Normalsituation nähern."
Dabei gehe es um sehr komplexe ethische Fragen, sagte der leitende Theologe der zweitgrößten deutschen Landeskirche. Grundsätzlich gelte die Würde jedes Menschen ohne Wenn und Aber. "Es ist aber nicht immer einfach zu sagen, wer die Schwachen sind, die geschützt werden müssen", betonte Rekowski. Dazu gehörten selbstverständlich die Risikogruppen - Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen. "Aber es gibt auch eine Verantwortung für Menschen, die aufgrund der Einschränkungen und der damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen ihre Existenz zu verlieren drohen."
Das Gleiche gelte für Kinder, die in prekären Verhältnissen lebten und denen als Folge der Kontaktsperre häusliche Gewalt drohe. Auch ärmere Leute drohten wegen eines schlechteren Zugangs zu Hilfsangeboten auf der Strecke zu bleiben, Obdachlose hätten es besonders schwer und seien äußerst gefährdet.
"Hier helfen keine einfachen und auch keine pauschalen Antworten", unterstrich Rekowski. "Die ethischen Debatten darüber müssen intensiv geführt werden." Er vertraue darauf, "dass die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger in den nächsten Wochen verantwortliche Entscheidungen treffen werden".