Der Schriftsteller Lutz Seiler ist mit dem renommierten Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik geehrt worden. Er erhielt die Auszeichnung für sein Werk "Stern 111", das im Suhrkamp Verlag erschien, wie die Jury am 12. März im Sender Deutschlandfunk Kultur bekanntgab. Der Roman handelt von einer Berliner Familie in der Zeit kurz nach dem Mauerfall 1989.

In der Kategorie Sachbuch/Essayistik wurde Bettina Hitzer für ihr Werk "Krebs fühlen. Eine Emotionsgeschichte des 20. Jahrhunderts" ausgezeichnet (Klett-Cotta Verlag). Der Preis für die beste Übersetzung ging an Pieke Biermann für ihre Übertragung des Werks "Oreo" von Fran Ross aus dem amerikanischen Englisch (dtv). Die Gewinnerinnen und Gewinner erhalten jeweils 15.000 Euro Preisgeld. Zudem bekommt jeder der insgesamt 15 Nominierten 1.000 Euro.

Urkunde kommt mit der Post

Die Leipziger Buchmesse hatte eigentlich am 12. März beginnen und bis zum 15. März dauern sollen, war jedoch wegen des Coronavirus abgesagt worden. Die Verkündung der Preise wurde daher ins Radio verlegt. Die Sieger der drei Kategorien wurden nach der Bekanntgabe telefonisch zugeschaltet. Eine ordentliche Preisverleihung findet in diesem Jahr nicht statt. Ihre Urkunden erhalten die Gewinner auf dem Postweg.

Zur Auszeichnung von Seilers "Stern 111" erklärte Jurorin Wiebke Porombka: "Dieser Roman leuchtet auf jeder Seite." Es sei ein kunstvolles Buch, das von dem "sich binnen kurzem verändernden Herzschlag der Mitte Berlins" erzähle. Der Juryvorsitzende Jens Bisky sagte, es handle sich in mehrfacher Hinsicht um einen Roman über das Aufbrechen. "Ich habe ungeheuer häufig schmunzeln müssen", erklärte er.

Ins Studio zugeschaltet, dankte Seiler seinem Verlag und seiner Lektorin. Zur Auseinandersetzung mit dem Stoff seines Romans sagte er, es sei ein Stück weit unbeantwortbar, warum man etwas schreibe. Das sei schlicht "etwas, was man machen muss", erklärte der Preisträger. Seiler wurde 1963 im thüringischen Gera geboren und lebt heute in Berlin und Stockholm. Für sein literarisches Werk hat er unter anderen bereits den Ingeborg-Bachmann-Preis, den Bremer Literaturpreis und 2014 den Deutschen Buchpreis bekommen.

"Emotionsgeschichte"

Zur Ehrung von Hitzers Werk "Krebs fühlen. Eine Emotionsgeschichte des 20. Jahrhunderts" erklärte Bisky, die Autorin habe die Geschichte der Erkrankung so umfassend nachgezeichnet wie es bisher nicht geschehen sei. Hitzer schreibe damit "Gesellschafts-, Emotions- und Mediengeschichte zugleich". Die Historikerin vertrete einen "fruchtbaren Ansatz der Geschichtswissenschaft" und behandle intensiv die Frage, wie sich der Umgang mit unseren Gefühlen verändert hat, sagte Bisky. Hitzer lebt in Berlin und lehrt an der dortigen Freien Universität.

Zum Übersetzungspreis erklärte Juror Tobias Lehmkuhl, Biermann habe die "enorme Herausforderung" der Übertragung von "Oreo", das zahlreiche jüdische und Slangausdrücke enthalte, "bravourös gelöst". Die Übersetzerin habe das halsbrecherische Tempo des Originals "in ein Deutsch gebracht, das eine solch schrill-schöne Vielgestaltigkeit auf so engem Raum selten gesehen hat". Biermann wurde 1950 geboren und arbeitet seit 1976 als freie Schriftstellerin und Übersetzerin. Sie lebt in Berlin.