Eine Nixe liegt im Rheintal, Tiger springen über den Fluss und weiße Elefanten staksen auf Spinnenbeinen durchs Siebengebirge: Salvador Dalí ist seit Sonntag zu Gast im Arp Museum Rolandseck. Ein speziell präpariertes Augmented-Reality-Fernrohr projiziert Figuren aus einem Bild des spanischen Surrealisten in die Rhein-Landschaft unterhalb des Museums. Das Original-Gemälde präsentiert die Ausstellung "Salvador Dalí und Hans Arp. Die Geburt der Erinnerung", die bis zum 16. August im Neubau des Museums zu sehen ist. Rund 70 Werke Dalís sind dafür an den Rhein gereist, darunter 17 Gemälde. Sie treffen dort auf rund 40 Arbeiten Hans Arps.

Der Museums-Patron und sein Gast scheinen auf den ersten Blick ein ungleiches Paar: Der exzentrische Salvador Dalí (1904-1989) mit seinen leuchtend farbigen surrealistischen Gemälden trifft auf den eher zurückhaltenden Hans Arp (1886-1966), einen Hauptvertreter der organischen Abstraktion. "Die Bildsprache der beiden Künstler könnte kaum unterschiedlicher sein", sagt Museumsdirektor Oliver Kornhoff. Doch bislang wurden Dalí und Arp auch noch nie in einer Doppel-Ausstellung gezeigt. In Rolandseck stellt sich nun heraus, dass sie weit mehr gemeinsam haben, als angenommen.

"Lassen wir Picasso beiseite"

Fest steht, dass Dalí den 17 Jahre älteren Arp schätzte. In einem kunstkritischen Essay schrieb er: "Lassen wir Picasso beiseite. Wir werden lernen müssen, uns besser mit Arp zu verstehen." Das war 1928, noch bevor er mit Arp zusammentraf. Als sich der Spanier im darauffolgenden Jahr den Surrealisten rund um den französischen Schriftsteller André Breton in Paris anschloss, war Arp in diesem Kreis bereits fest etabliert.

Die Surrealisten suchten die Wirklichkeit des Menschen im Unbewussten und nutzten den Traum als Quelle künstlerischer Eingebung. Arp, der bereits als Mitbegründer des Dadaismus mit Arbeitstechniken des Zufalls und der Intuition experimentiert hatte, konnte sich schnell mit den Ideen des Surrealismus identifizieren. Er blieb dabei jedoch seinem Weg in die Abstraktion treu. Dalí, der sich schon zu Lebzeiten als Medienstar zu inszenieren wusste und heute als bekanntester Maler des Surrealismus gilt, schuf hingegen gegenständliche Gemälde mit traumbildhaften Visionen.

Künstlerischer Dialog

Im Arp Museum treten Werke des spanischen Meisters, darunter das großformatige Gemälde "Traum der Venus" mit seinen fließenden Uhren oder das "Hummer-Telefon", in einen Dialog mit Arp. Die Bezüge zwischen den charakterlich so unterschiedlichen Künstlern sind überraschend: So schuf etwa Hans Arp 1930 einen weiblichen Torso aus Bronze, während Dalí im gleichen Jahr eine verblüffend ähnliche Skulptur in einer hitzeglühenden, orangefarbenen Landschaft malt.

Arps Bronze-Skulptur "Kleine Sphinx" von 1942 erscheint als organische Abstraktion des liegenden weiblichen Aktes in Dalís Gemälde "Traum, verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel, eine Sekunde vor dem Aufwachen" (1942). Und während Arp dichtete: "Die Luft ist ein Löwe, die Luft hat vorn ein riesiges Maul", setzt Dalí diese Worte 1929 in seinem Gemälde "Erleuchtete Lüste" in phantastische Bilder um.

Ludwig van Beethoven faszinierte Surrealisten

Neben Dalís Verbindung zu Arp widmet sich die Ausstellung auch der Faszination des Surrealisten für Ludwig van Beethoven, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. Der in Bonn geborene Komponist taucht mehrfach in Dalís Werken auf. Zu sehen ist unter anderem ein großformatiges Beethoven-Porträt, das für die Rolandsecker Ausstellung erstmals das Dalí-Museum in Figueres verlassen durfte.

In einem zweiten Teil der Ausstellung im alten Bahnhofsgebäude des Museums ist eine Auswahl von Dalís filmischem Schaffen zu sehen, darunter etwa "Der andalusische Hund" oder das Opern-Epos "Être dieu". Der Film "Dreams of Dalí" ermöglicht es, mit einer VR-Brille in die surreale Welt des Malers einzutauchen.