Der Mann trägt ein gefesseltes Lamm im Arm. Daneben zeigt eine Skizze mehrere Tiere in dem für Pablo Picasso typischen klaren Strich: Die Schafe scheinen zu klagen. Entstanden sind die Bilder Mitte Juli 1942. An diesen Tagen wurden 12.000 jüdische Bürger im von deutschen Truppen besetzten Frankreich verhaftet und viele von ihnen in der Radrennbahn, dem Wintervelodrom, in Paris festgehalten.

Picasso (1881-1973) malt die Vorgänge nicht unmittelbar. Er sei kein Fotograf, der Ereignisse darstellen wolle, sagte er später. "Aber ich bin sicher, dass der Krieg Eingang genommen hat in die Bilder, die ich geschaffen habe." Unter dem Titel "Pablo Picasso - Kriegsjahre 1939 bis 1945" zeigt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen seit dem Wochenende 70 Gemälde, Zeichnungen, Radierungen und Skulpturen des spanischen Künstlers im Museum K20 in Düsseldorf.

"Inneres Exil"

Zwischen Rückzug in die Provinz und Arbeit mitten in Paris spielt sich Picassos Leben während der Kriegsjahre ab. Er schließt sich nicht dem Widerstand an, wenn er auch gelegentlich verfolgten Künstlern oder Galeristen hilft. Den Nationalsozialisten gilt Picasso als "entartet". Sie verbieten Ausstellungen seines Werks. Dennoch arbeitet er weiter, zieht sich zurück ins "innere Exil". Allein 270 Gemälde seien in diesen Jahren entstanden, sagt Ausstellungskuratorin Kathrin Beßen.

Als der Krieg sich im Sommer 1939 ankündigt, zieht Picasso mit seiner Lebensgefährtin Dora Maar - die er in dieser Schaffensphase oft malt - in das ruhigere Städtchen Royan in Westfrankreich, wo bereits seine andere Lebensgefährtin, Marie-Thérèse Walter, und die gemeinsame Tochter Maya leben. Obwohl deutsche Truppen im Juni 1940 Paris besetzen, kehrt Picasso aber schon bald in die Hauptstadt zurück. Er lebte weitgehend unbehelligt als öffentliche Person, auch konnte er seinen Lebensstandard halten und litt in diesen Jahren weniger als andere unter den Nationalsozialisten.

Dennoch hält Museumsleiterin Susanne Gaensheimer die gedeckten, dunklen Farben der Gemälde, die Narben, die Picasso in Gesicht und Figur von Dora Maar malt, für einen Ausdruck der Gewalt und des Leids der Kriegszeit. Auch das Stillleben mit blutigen Schafsschädeln aus dem Jahr 1939 lässt sich als Klage und Aufschrei sehen. Außer dem Krieg in seiner unmittelbaren Umgebung beschäftigt Picasso der Bürgerkrieg in seinem Heimatland Spanien.

Zyklus von Aktstudien

Mit dem Tod seiner Mutter 1939 muss er zudem einen persönlichen Schmerz verkraften. Die Kunsthistoriker sind sich aber einig, dass Picasso nie mehr so eindeutig die Auswirkungen des Krieges dargestellt hat wie in seinem monumentalen Gemälde "Guernica", das er 1937 als Antwort auf das Bombardement der spanischen Stadt durch die deutsche Wehrmacht gemalt hatte.

Die Düsseldorfer Ausstellung, die als französisch-deutsche Zusammenarbeit zuvor in Grenoble gezeigt wurde, ist auf sieben Räume konzentriert und chronologisch geordnet. Eine Rarität ist ein Zyklus von fünf Zeichnungen, in denen Picassos Arbeitsweise erkennbar wird: auf zwei Darstellungen einer liegenden Frau - noch weitgehend realistisch - folgen Studien, wie daraus ein Frauenbild in dem für Picasso typischen Stil mit vom Körper losgelösten geometrischen Elementen entsteht.

Aufschlussreich sind auch Fotografien, Bücher und Ausschnitte aus Zeitungen. Darin ist etwa Picassos Beitritt zur Kommunistischen Partei Frankreichs im Oktober 1944 - nach der Befreiung von Paris - dokumentiert. Er gehörte zur "Partei der Wiedergeburt Frankreichs".