"Reporter ohne Grenzen" und Vertreter der Linkspartei sehen in der Bestätigung des Verbots gegen den mutmaßlichen Betreiberverein der linksextremistischen Internetseite "linksunten.indymedia.org" eine Niederlage für die Pressefreiheit. Das Bundesverwaltungsgericht habe durch sein Urteil eine gute Gelegenheit verstreichen lassen, den hohen Stellenwert der Pressefreiheit zu verdeutlichen, sagte "Reporter ohne Grenzen"-Vorstandssprecher Michael Rediske am 30. Januar in Berlin. Das Bundesinnenministerium sieht sich derweil in seinem Vorgehen bestätigt.

Rediske erklärte, die Pressefreiheit müsse weiterhin auch für unbequeme, ja selbst für schwer erträgliche Veröffentlichungen gelten. Selbstverständlich habe es strafwürdige Inhalte auf "linksunten.indymedia.org" gegeben. Das Gericht habe am 29. Januar in Leipzig jedoch offengelassen, ob diese Inhalte ein pauschales Verbot der ganzen Plattform rechtfertigen.

"Juristisch-politische Farce"

Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, erklärte, das Verbot bleibe "ein durch nichts gerechtfertiger Schlag gegen die Pressefreiheit". Weil der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Schließung der Plattform im August 2017 "einen wohl nur in seinem Kopf existierenden Verein verbieten ließ", könne nun laut Urteil auch nur dieser Verein gegen das Verbot klagen, erklärte Jelpke. Dieses Verfahren erscheine "nachgerade als juristisch-politische Farce", da es die Plattform-Betreiber zwinge, sich selbst zu belasten.

Das Bundesinnenministerium erklärte auf Twitter: "Vereinsverbote sind ein scharfes Schwert." Wenn jedoch öffentlich zu Straftaten aufgerufen werde, müsse der Staat handeln. Das Bundesverwaltungsgericht habe das Vorgehen des Ministeriums am Mittwoch bestätigt. "Keine Toleranz für #Extremismus und #Gewalt, egal aus welcher Richtung", schrieb das Ministerium.

Ähnlich äußerte sich der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg. Es sei gut, dass "linksunten.indymedia" verboten bleibe, sagte er. Auf der Plattform sei immer wieder zu Gewalttaten etwa gegen Polizisten aufgerufen worden. Das könne der Rechtsstaat nicht dulden. Die Verbote von "linksunten.indymedia" oder der rechtsextremen Plattform "Altermedia" 2016 zeigten, dass der Staat auch im Internet wehrhaft gegenüber seinen Feinden sei.

Kläger ziehen nach Karlsruhe

Das Bundesinnenministerium hatte den Weiterbetrieb der Seite im August 2017 verboten. Zur Begründung hieß es, es handele sich um die wichtigste Plattform gewaltorientierter Linksextremisten in Deutschland. Das Verbot zielte auf den nach Auffassung des Ministeriums hinter der Plattform stehenden Verein "linksunten.indymedia".

Fünf mutmaßliche Betreiber der Plattform, denen der Verbotsbescheid zugegangen war, waren dagegen als Privatpersonen, nicht aber als Verein, vor das erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht gezogen. Dieses wies die fünf Klagen ab. Nur ein Verein selbst sei befugt, ein Verbot gegen sich anzufechten, nicht jedoch einzelne Personen oder Mitglieder, urteilten die Richter. Die inhaltlichen Gründe für das Verbot und damit die Frage nach der Meinungs- und Pressefreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes hatte das Gericht nicht behandelt.

Die Klägeranwälte hatten in der Verhandlung argumentiert, für das Verbot der Seite wäre nicht das Vereinsrecht anzuwenden gewesen, sondern Rundfunkstaatsvertrag oder Telemediengesetz. Auf dieser Grundlage hätten auch die strafrechtlich relevanten Inhalte auf der Plattform geprüft werden müssen, die ohnehin nur einen sehr geringen Teil des Gesamtangebots der Seite ausgemacht hätten.

Klägeranwalt Sven Adam sagte nach dem Urteil, das Gericht habe sich um die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Presse- und Meinungsfreiheit im Internet gedrückt. Die Kläger würden nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, kündigte Adam an.