Düsseldorf (epd). Torsten Kämper hat dank seiner neuen Beschäftigung wieder "Struktur im Leben" bekommen, und seinem neuen Kollegen Bodo Michael Sosnowski gibt der neue Job das "tolle Gefühl, das Geld wieder selbst zu erwirtschaften". Die beiden 45 und 56 Jahre alten Männer arbeiten derzeit beim ambulanten Pflegedienst Heinzelmännchen in Düsseldorf - nachdem sie zuvor mehrere Jahre lang arbeitslos und auf Hartz IV (Arbeitslosengeld II) angewiesen waren. Sie profitieren von dem vor einem Jahr in Kraft getretenen Teilhabechancengesetz, das Langzeitarbeitslose in dauerhafte Beschäftigung bringen soll. Am 20. Januar informierten das NRW-Arbeits- und Sozialministerium, die NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit sowie der Städtetag NRW in Düsseldorf über die bisherige Bilanz des Programms.
Positives Zwischenfazit zum Teilhabechancengesetz
Kämper und Sosnowski sind zwei von etwa 12.000 Menschen, die im ersten Jahr des neuen Programms eine Beschäftigung fanden. Als "großen Durchbruch" bei der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen würdigte denn auch Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann das Teilhabechancengesetz. Fast 13.000 seit langem arbeitslose Menschen in Nordrhein-Westfalen hätten auf diese Weise einen Job bekommen, sagte der CDU-Politiker. Etwa 1.000 von ihnen hätten die neue Beschäftigung dann wieder aufgegeben - eine vergleichsweise geringe Abbruchquote, betonte der Minister. Die neuen Fördermöglichkeiten kämen auch stark betroffenen Regionen zugute, wie etwa das Ruhrgebiet oder das Bergische Land.
Nach dem Start gehe es nun darum, dass die Beschäftigten auch nach Ende des Förderzeitraums eine dauerhafte Tätigkeit bei den Arbeitgebern erhalten, betonte Laumann. Er erwarte deshalb, dass auch ein "gewichtiger Anteil" der geförderten Arbeitsplätze in die Regelbeschäftigung übergehe. Wie hoch die Quote sein sollte, wollte der Minister auf Nachfrage nicht sagen.
Laut dem Vorsitzenden der NRW-Regionaldirektion der Arbeitsagentur, Torsten Withake, gibt es derzeit rund 240.000 Langzeitarbeitslose in NRW - also Menschen, die seit mindestens einem Jahr keinen sozialversicherungspflichtigen Job haben. Die neue Tätigkeit sei "nah an der Realität", es würden "echte Arbeitsplätze" gefördert, betonte Withake. Zur Unterstützung der neuen Beschäftigten gibt es zudem eine Begleitung durch Coaches der Jobcenter, die den neuen Mitarbeitern helfen, im Berufsleben wieder Fuß zu fassen. In diesem Jahr sollten über das Programm etwa 9.000 weitere Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden.
Zwei Zielgruppen
In diesem Jahr stehen 1,44 Milliarden Euro in NRW für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zur Verfügung. Das Förderprogramm hat zwei Zielgruppen: Zum einen Arbeitssuchende ab 25 Jahren, die in den vergangenen sieben Jahren sechs Jahre lang Arbeitslosengeld II bezogen. Die zweite Zielgruppe umfasst die, die mindestens zwei Jahre arbeitslos sind. Firmen, die Arbeitssuchende der ersten Gruppe einstellen, erhalten in den ersten beiden Jahren eine Förderung von 100 Prozent des Mindestlohns. In jedem weiteren Jahr verringert sich der Zuschuss um jeweils zehn Prozent. Die Förderung dauert maximal fünf Jahre. Unternehmen, die Menschen einstellen, die zwei Jahre arbeitslos waren, erhalten einen Zuschuss von zwei Jahren: Die Förderung liegt bei 75 Prozent im ersten und bei 50 Prozent im zweiten Jahr.
Auch der Städtetag NRW begrüßte das neue Programm. Der Vorstand des kommunalen Spitzenverbandes, Andreas Mucke (SPD), ist Oberbürgermeister in Wuppertal: Dort habe die Stadt dank des Programm etwa 300 neue Stellen geschaffen - für Menschen, die zum Beispiel im Stadtteilservice arbeiten.
Der Fachbereichsleiter beim Jobcenter Essen, Dietmar Gutschmied, verwies darauf, dass die Jobcenter in der Pflicht seien, die Arbeitgeber auf das Programm hinzuweisen. Das Teilhabechancengesetz sei "kein Selbstläufer", sondern müsse immer wieder beworben werden. Bislang sei zudem der Frauenanteil unter den Vermittelten mit 33 Prozent deutlich zu niedrig.
Die NRW-Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Anja Weber, lobte die Einführung des Programms, machte aber "enormen Verbesserungsbedarf" aus. Bislang hielten sich etwa Kommunen und Wirtschaft bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze noch zurück. Überdies müsse das Programm über den Förderzeitraum von derzeit fünf Jahren hinaus bestehen bleiben.