Die frühere Hakenkreuz-Glocke der evangelischen Erlöserkirche im saarländischen Hanweiler ist aktuell in der Ausstellung "Protestanten ohne Protest" in der Saarbrücker Ludwigskirche zu sehen. "Zerstören darf man so was nicht. Es ist ein Stück der Kultur, wenn auch einer Unkultur, aber einfach eine historische Entwicklung, der man sich stellen muss", sagte der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker Joachim Conrad in Saarbrücken. Die Glocke ergänzt die Schau zu Protestantismus und Nationalsozialismus.

Schau beleuchtet Rolle der Protestanten in NS-Zeit

Die noch bis zum 28. Februar laufende Ausstellung ist aus der Publikation "Protestanten ohne Protest" von 2016 entstanden und wurde mit Blick auf den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) am 26. Januar offiziell eröffnet. Auf Bannern geht es neben der evangelischen Kirche der Pfalz auch um die rheinische Kirche im damaligen Saargebiet. Die zusätzlichen Banner zum rheinischen Teil des Saarlandes behandeln die verbotene Kirchenwahl von 1933, die erste Synode der Bekenntnisgemeinschaft in der Saarbrücker Schlosskirche 1934 sowie den Burgfrieden vor und die Begeisterung nach der Saarabstimmung 1935.

Die aus dem Jahr 1933 stammende Hakenkreuzglocke wurde im Juni 2018 aus der evangelischen Erlöserkirche entfernt. Danach schenkte die Kirchengemeinde Obere Saar sie dem Historischen Museum Saar, welche sie in ihre Dauerausstellung aufnehmen wird. Die Glocke ist nun erstmals öffentlich zu sehen. Zudem thematisiert die Ausstellung den Umgang mit der "NS-Glocke" im rheinland-pfälzischen Herxheim.

"Eine Glocke kann nicht beliebig beschriftet werden", sagte Conrad. Als liturgisches Gerät verkünde sie, was auf ihr stehe. Die Ausstellung ermögliche eine differenzierte Betrachtung. Die Hakenkreuzglocke sei damals als eindeutiges Bekenntnis zur Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich gesehen worden.

Telegramm an Adolf Hitler und Paul von Hindenburg

Museumsdirektor Simon Matzerath erklärte, dass 1920 klar gewesen sei, dass das Saargebiet wieder zurück zum Deutschen Reich wollte. Der Jurist Horst Rieth habe zu seinem Vorfahren, dem Pfarrer Ernst Rieth, und der Hakenkreuzglocke Nachforschungen betrieben. Er habe herausgefunden, dass die Glockengießerwerkstatt in Saarburg mit der damaligen Gemeinde mehrmals in Kontakt stand. Noch 1933 sei die Inschrift geändert worden. Zudem hätte die Gemeinde in einem Telegramm an Adolf Hitler und Paul von Hindenburg darauf hingewiesen, die erste "Hitlerglocke" im Saargebiet zu haben.

Zusammen mit Conrad wird Matzerath am 12. Februar einen Diskussionsabend zu belasteten Glocken gestalten. Die Hakenkreuzglocke sei Symbol und Mahnmal, betonte der Museumsdirektor. Das Objekt sei auch ein Hinweis darauf, dass der Nationalsozialismus und seine Gräueltaten in Familien, Dörfern und Städten immer noch mit Tabus belegt seien.