Die Stadt Petershagen hat vom Trägerverein der umstrittenen "Ahnenstätte Seelenfeld" eine eindeutige öffentliche Distanzierung vom Rechtsextremismus gefordert. Der Rat der Stadt beschloss am Donnerstagabend einstimmig, den "Ahnenstättenverein Niedersachsen" zu einer erneuten Stellungnahme aufzufordern, wie eine Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag sagte. Laut einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Forschungsbericht zweier Historiker weist der 1930 gegründete private Friedhof mit völkischen Wurzeln unter anderem Verbindungen zu der als rechtsextremistisch eingestuften Vereinigung "Artgemeinschaft" auf.

Es gehe um eine Distanzierung des Trägervereins von jeglichen rechtsextremen, völkischen oder antisemitischen Tendenzen, betonte die Sprecherin. Auch erhoffe man sich, dass der Trägerverein für die Zeit nach 1945 mehr Licht ins Dunkel seiner Geschichte bringt. Nach Angaben der Historiker hatte der Ahnenstättenverein ihnen die Einsicht in seine Archive verweigert. Dennoch habe man nachweisen können, dass Rechtsextreme und neonazistische Menschen zumindest in Einzelfällen an zentraler Stelle in das Leben der Ahnenstätte eingebunden gewesen seien oder Versammlungen des Vereins besucht hätten, hatten die Forscher berichtet.

Studie: Entstehung von antisemitischem Weltbild geprägt

Bereits die Entstehung des privaten Friedhofs um 1930 sei klar von einem antisemitisch-rassistisch dominierten Weltbild seiner Gründer geprägt gewesen, hieß es in der Untersuchung. Basierend auf der demokratiefeindlichen Ideologie des Ex-Weltkriegsgenerals Erich Ludendorff (1865-1937) und seiner Ehefrau Mathilde (1877-1966) sei eine "deutsch-völkische Gegenwelt" gegen das "christlich-protestantische Milieu" geschaffen worden.

Laut dem Ratsbeschluss will die Stadt die auf ihrer Internetseite in einer anonymisierten Fassung veröffentlichte Ausarbeitung durch eine öffentliche Präsentation und Diskussionsveranstaltungen breiter bekannt machen. Auch solle eine Kurz-Publikation erstellt sowie eine Informationstafel an der Ahnenstätte aufgestellt werden. Dabei handele es sich um ein erstes Maßnahmenpaket, erläuterte die Sprecherin. Mit der zu Petershagen gehörenden Ortschaft Seelenfeld sollen demnach Gespräche hinsichtlich des zukünftigen Umgangs mit der Ahnenstätte aufgenommen werden.

Die Debatte um den idyllisch anmutenden Begräbnisplatz hatte 2017 ein Journalist ausgelöst, der auf einem Mitgliedertreffen des Trägervereins der Ahnenstätte einen rechtsextremen Aktivisten aus Niedersachsen ausgemacht hatte. Daraufhin hatte die Stadt Petershagen die Historiker mit der Aufarbeitung von Geschichte und Gegenwart der Anlage beauftragt.

Einzugsgebiet auf gesamtes Bundesgebiet ausgebreitet

Schon während der NS-Zeit und ab den 1950er Jahren habe sich das Einzugsgebiet der Ahnenstätte weit über Ostwestfalen-Lippe hinaus ins gesamte Bundesgebiet ausgeweitet, hatten die Forscher ermittelt. Die Verbindungen zum 1937 von Mathilde Ludendorff gegründeten, vorübergehend verbotenen und inzwischen vom Verfassungsschutz beobachteten "Bund für Gotterkenntnis" seien offensichtlich.

Auf der Anlage finden nach Angaben der Stadt Petershagen nach wie vor vereinzelt Beisetzungen statt. Eine jüngere Veröffentlichung einer Publikation der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften "Artgemeinschaft" zeigt laut den Wissenschaftlern, dass Menschen aus dieser Szene sich oder ihre Angehörigen in Seelenfeld bestatten lassen möchten.