Nach zwei überdurchschnittlich trockenen Jahren in Folge geht es dem Wald in Nordrhein-Westfalen so schlecht wie noch nie. Laut der am 25. November in Düsseldorf vorgestellten Waldzustandserhebung 2019 ist nur noch jeder fünfte Baum gesund. Dagegen litten jetzt 42 (Vorjahr: 39) Prozent der Bäume unter einer deutlichen Ausdünnung ihrer Kronen. Es sind demnach die schlechtesten Werte seit Beginn der Erhebungen vor 35 Jahren.

"Die Waldschäden sind besorgniserregend. Unser Wald ist krank", bilanzierte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). "Uns muss dringend eine Trendumkehr gelingen." Hitze, Stürme und die außergewöhnliche Trockenheit haben dem Bericht zufolge deutliche Spuren in den Wäldern hinterlassen. Betroffen seien vor allem Fichten und Eichen, die mit 30 Prozent und 17 Prozent großen Anteil am Wald hätten. Die Grünen, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW und der Landesverband des Naturschutzbunds (NABU) forderten weitreichende Schutzmaßnahmen für die Wälder.

Hitze und Dürre setzen den Beständen stärker zu

Heinen-Esser sagte, noch immer seien die Waldböden in den tieferen Schichten trotz der jüngsten größeren Regenfälle zu trocken. Und auch die Schäden durch Borkenkäfer hätten ihren Höhepunkt voraussichtlich noch nicht erreicht. Bei den Fichten wurden 2019 und 2018 knapp 19 Millionen Kubikmeter Schadholz aus den Beständen geholt.

Der NABU kritisierte einen zunehmenden Einsatz von Insektengiften. Diese würden nicht nur den Borkenkäfer töten, sondern auch andere Insekten absterben lassen. Darunter seien allerdings auch viele Nützlinge, die eigentlich zur Bestäubung und Gesundheit der Wälder beitrügen.

BUND fordert Informationen über Zustand der Wald-Ökosysteme

Der BUND in NRW kritisierte den Bericht als "reinen Zustandsbericht", der keine Aussagen über den Zustand der Wald-Ökosysteme liefere. "Ein Wald besteht nicht nur aus Bäumen und Holzvorrat", sagte der Landesvorsitzende Holger Sticht.

Für die Schadenbewältigung hat das Land NRW den Waldbauern kurzfristig 8,6 Millionen Euro Hilfe bereitgestellt, von denen bereits 7,5 Millionen Euro bewilligt wurden. Für die weitere Entwicklung des Waldes hin zu einem klimastabileren Mischwald sind im Rahmen des NRW-Waldbaukonzepts für die kommenden zehn Jahre 100 Millionen Euro vorgesehen. Damit soll unter anderem die Neubepflanzung mit geeigneten Baumarten wie der Douglasie oder der Roteiche unterstützt werden.

Das Land NRW will sich zudem für die Einführung einer bundesweiten Baumprämie starkmachen. Sie soll mit Einnahmen aus CO2-Zertifikaten finanziert werden, über die Energieerzeuger und Industrie für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid zur Kasse gebeten werden. Weil der Wald in großem Umfang CO2 speichere, müssten dort auch Erlöse aus den Zertifikaten ankommen, sagte die Ministerin.

Als weiteres, regionales Instrument zur Honorierung der Klimaschutzleistungen des Waldes schlägt Heinen-Esser die Einrichtung eines NRW-Waldfonds vor: "Damit könnten wir ein regionales Angebot zur CO2-Kompensation schaffen, mit dem öffentliche Mittel und freiwillige Ausgleichsbeiträge von Unternehmen und Privatpersonen gebündelt werden." Das Ministerium prüfe derzeit die rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen für diese Idee. Die Grünen forderten einen Waldfonds in Höhe von 400 Millionen Euro. Wenn Eigentümer ihre Waldflächen verkaufen wollen, solle der Landesbetrieb Wald und Holz diese kaufen und "naturnah und in Form von Genossenschaften bewirtschaften", betonte der Sprecher der Grünen Fraktion im Landtag NRW für Umwelt- und Naturschutz, Norwich Rüße.