Boliviens Präsident Evo Morales hat nach mehr als 13 Jahren an der Macht seinen Rücktritt angekündigt. Er trete zurück, damit wieder Frieden im Land einkehre, erklärte Morales am 10. November in einer Fernsehansprache laut bolivianischen Medien. Auch Vizepräsident Álvaro García Linera und Senatspräsidentin Adriana Salvatierra legten ihre Ämter nieder.

Der Rücktritt nach mehrwöchigen Protesten der Bevölkerung erfolgte offenbar auf Druck von Polizei und Militär. Die Stabilität des Landes sei gefährdet, erklärten der Polizei- sowie der Armeechef. Zahlreiche Polizisten hatten sich zuvor Regierungsgegnern angeschlossen, darunter auch die Wache des Präsidentenpalastes.

Morales warf der Opposition vor, einen Putsch gegen ihn angezettelt zu haben. Er wolle nicht, dass es neue gewaltsame Zusammenstöße gebe und weitere seiner Anhänger angegriffen und gequält würden, sagte der 60-Jährige. Wenige Stunden vor seinem Rücktritt hatte Morales Neuwahlen ausgerufen. Doch diese Ankündigung konnte die Situation auch nicht beruhigen. Es kam erneut zu schweren Ausschreitungen.

Proteste seit Präsidentschaftswahl

Mexiko bot Morales Asyl an. Außenminister Marcelo Ebrard schrieb auf Twitter, sein Land habe in seiner Vertretung in La Paz bereits 20 Angehörige der bolivianischen Regierung und des Parlaments aufgenommen.

Seit den Präsidentschaftswahlen vom 20. Oktober war es in Bolivien täglich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Regierungsanhängern und Opposition gekommen. Die staatliche Wahlkommission hatte Morales zum Sieger in der ersten Abstimmungsrunde erklärt. Die Opposition sprach von Wahlbetrug und erkannte das Ergebnis nicht an. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) nahm mit Zustimmung der Regierung eine Prüfung der Wahlergebnisse vor. In ihrem Votum, das die OAS am Sonntag bekanntgab, sprach sie von schweren Manipulationen des Computersystems und forderte eine Annullierung des Wahlergebnisses. Inzwischen wurden auch Mitglieder der Wahlkommission festgenommen.

Oppositionsführer Carlos Mesa dankte auf Twitter den Demonstranten für ihren "heroischen und friedlichen Widerstand". Er sprach von dem "Ende einer Tyrannei" und einer "historischen Lektion" für Bolivien. Mesa, der Kandidat der oppositionellen Allianz "Comunidad Ciudadana" war, kam bei den Präsidentschaftswahlen auf Platz zwei. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Williams Kaliman, hatte Morales vor dessen Erklärung in einem Schreiben zum Rücktritt aufgefordert, um "den Frieden wiederherzustellen und größere Konflikte" zu vermeiden. Ähnlich äußerte sich Polizeichef Yuri Calderón.

Referendum ignoriert

Morales regierte das Andenland seit 13 Jahren. In einem Referendum hatte sich 2016 eine knappe Mehrheit der Bevölkerung gegen eine vierte Amtszeit ausgesprochen. Das Urteil des Referendums erkannte der Sozialist nicht an. Das Verfassungsgericht, besetzt mit regierungstreuen Richtern, urteilte 2017, es sei sein "Menschenrecht", erneut kandidieren zu können.

Morales war der erste Präsident mit indigener Herkunft in Lateinamerika. Während seiner Präsidentschaft hat sich die Armut in Bolivien fast halbiert und das Pro-Kopf-Einkommen der Menschen verdoppelt. Gleichzeitig grassierten unter seiner Präsidentschaft auch Korruption, Vetternwirtschaft und ein zunehmend repressiver Kurs gegen Andersdenkende.