Frankfurt a.M., Köln (epd). Die Frankfurter Islamforscherin Susanne Schröter warnt vor einer Zusammenarbeit mit der türkisch-islamischen Organisation Ditib. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), die dem türkischen Religionsministerium unterstellt ist, unterstütze direkt Präsident Recep Tayyip Erdogan, sagte die Professorin der Goethe-Universität bei der Vorstellung ihres Buches "Politischer Islam. Stresstest für Deutschland" am 16. Oktober in Frankfurt. In den Ditib-Moscheen werde derzeit für einen siegreichen türkischen Kriegszug in Nordsyrien gebetet.
Erdogan, dem das Religionsministerium direkt unterstellt sei, wolle eine "türkisch-islamische Synthese" durchsetzen, sagte Schröter. Dieses Konzept werde von seinen Anhängern auch in Deutschland verfolgt. Zugleich arbeite der türkische Präsident beim Truppenvorstoß im Norden Syriens eng mit dschihadistischen Milizen zusammen - jenen islamischen Extremisten, die zuletzt eine Frau und ihren Fahrer in einem Wagen gestoppt und exekutiert hätten.
Eine Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit der Ditib, beispielsweise in Fragen des Religionsunterrichts, halte sie im Moment für "nicht zielführend", sagte Schröter. Die Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam kritisiert generell einen zu starken Einfluss des politischen Islam hierzulande. Der politische Islam sei demokratiefeindlich und vertrete Normen wie Geschlechtertrennung und den Vorrang des religiösen Gesetzes vor dem weltlichen, sagte Schröter.
Verbände wie Ditib, der Zentralrat der Muslime, der Verband islamischer Kulturzentren oder der Islamrat, die der Sonderform des politischen Islams zuzurechnen seien, prägten das Bild des Islams in der Öffentlichkeit. Sie verträten aber nur eine Minderheit von 15 bis 20 Prozent der Muslime in Deutschland. Daher tue man Muslimen keinen Gefallen, wenn man diese Organisationen ermächtige, als Dialogpartner des Staates für alle Muslime zu sprechen.
Schröter riet dazu, mit "einseitiger Privilegierung" der Muslime aufzuhören - etwa in den Schulen, wenn getrennter Sportunterricht oder Verzicht auf Klassenarbeiten im Fastenmonat Ramadan gefordert würden. Außerdem appellierte sie an die staatliche Islampolitik, sich nicht nur Verbände als Gesprächspartner zu suchen, sondern mit liberalen Muslimen zu reden. Überhaupt gelte es, Menschen als Bürger anzusprechen, nicht als Mitglieder identitärer Gruppen: "Das könnte entspannen."
Die Ethnologin und Politologin ist unter anderem Mitglied der Hessischen Integrationskonferenz, der Deutschen Islamkonferenz sowie im Vorstand des Deutschen Orient-Instituts. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Islamismus und Dschidhadismus, progressiver und liberaler Islam wie auch Frauenbewegungen im Islam. Die 62-Jährige lehrt und forscht im Rahmen des Exzellenzclusters "Herausbildung normativer Ordnungen" an der Goethe-Universität Frankfurt. Im Zusammenhang mit einer wissenschaftlichen Konferenz zum islamischen Kopftuch war sie zuletzt scharf angegriffen worden; Aktivisten warfen ihr antimuslimischen Rassismus vor.