Die Beauftragten der evangelischen und katholischen Kirche beim nordrhein-westfälischen Landtag haben am 2. Oktober ein von der schwarz-gelben Koalition geplantes Verbot religiöser Symbole in der Justiz des Landes abgelehnt. Das geplante Gesetz zur Neutralität der Justiz, das das Tragen religiöser und weltanschaulicher Symbole oder Kleidungsstücke verbiete, greife "erheblich in das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit" ein, erklärten die Vertreter des Katholischen und Evangelischen Büros NRW in einer gemeinsamen Stellungnahme zur Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Parlaments in Düsseldorf.

Religiöse Symbole wie eine Kette mit Kreuz oder ein muslimisches Kopftuch sollen einem Gesetzentwurf zufolge künftig für alle, die in Gerichtssälen arbeiten, verboten sein. Dazu zählen auch Schöffen oder andere Justizbeschäftigte. Das Kopftuchverbot gilt bislang nur für Richter und Beamte.

Sachverständigenanhörung

"Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist eine besondere Ausprägung der Menschenwürde und gerade vor dem Hintergrund der Geschichte des Grundgesetzes ein hohes Gut", erklärten die Kirchenvertreter als Sachverständige. Sie sollte gerade in Zeiten wachsender religiöser und weltanschaulicher Pluralität ihre Bedeutung nicht verlieren. Sie erklärten, dass Juristen und Juristinnen in den Ämtern von Berufsrichtern und Staatsanwälten das gegebenenfalls gewählte religiös oder weltanschaulich konnotierte Symbol oder Kleidungsstück nicht aufgrund staatlicher Veranlassung oder Anordnung tragen. Daher ergebe sich keine unmittelbare Zurechnung zum Staat, begründeten sie ihre Einschätzung.

Hinnerk Wißmann von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster verwies darauf, dass die verfassungsrechtliche Lage für das Verbot religiös oder weltanschaulich konnotierter Symbole oder Kleidungsstücke im Bereich der Justiz unsicher sei. Bei Kopftuch tragenden muslimischen Richterinnen oder Staatsanwältinnen schaffe ein Verbot des Kopftuches eine "Sonderlast, der die große Zahl christlich gestimmter Richter und Richterinnen nicht ausgesetzt wird, die ihre religiöse Identität in anderer Weise leben können", erläuterte Wißmann.

In einer schriftlich vorliegenden Stellungnahme der Juristischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität hieß es: "Der Ausschluss des muslimischen Kopftuchs im Justizvollzugsdienst ist überschießend." So wie ein strenggläubiger muslimischer Angeklagter eine Richterin zu akzeptieren hat, sei es männlichen Gefangenen zuzumuten, den Anblick einer ein muslimisches Kopftuch tragenden Vollzugsbeamtin oder eine Beamtin hinzunehmen, die eine Kette mit christlichen oder jüdischen Symbolen trage.

Der Gesetzentwurf der schwarz-gelben NRW-Regierungskoalition geht in seiner Ausdehnung auf alle Justizbeschäftigten nach Ansicht der Experten im Vergleich aller Bundesländer besonders weit und übertreffe die bayerischen Regelungen noch. Im Entwurf des Gesetzes heißt es, Beamte und Beschäftigte sollten etwa bei Verhandlungen weder Kopftuch noch Kippa oder sichtbare christliche Kreuze tragen. "Es dürfe nicht der geringste Anschein von Voreingenommenheit erweckt werden", heißt es im Gesetzentwurf.