Die Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen ist in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Zu diesem Ergebnis kommt ein von der schwarz-gelben Landesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten, das Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am 12. September in Düsseldorf vorstellte. Nur noch höchstens zwei Drittel der landesweit rund 340 Krankenhäuser schreiben demnach überhaupt noch schwarze Zahlen. Laumann kündigte vor diesem Hintergrund eine umfangreiche Krankenhausreform an.

Gutachten: Höchstens zwei Drittel der Kliniken rentabel

Das Hauptproblem sieht das Gutachten darin, dass sich die stationäre Versorgung zu wenig an den tatsächlichen Bedarfen und der Qualität der Behandlung orientiert. Als Folge gebe es eine medizinischen Überversorgung in den Ballungszentren wie etwa dem Ruhrgebiet und dem Köln-Düsseldorfer Raum, in der viele Kliniken mit ihren Angeboten nicht ausgelastet seien. Auf der anderen Seite litten Teile des ländlichen Raums an einer medizinischen Unterversorgung.

Als Beispiel für ein Überangebot nennt die Studie Operationen an der Bauchspeicheldrüse, einer der kompliziertesten Eingriffe in der Medizin. Die 2017 erfolgten landesweit rund 2.700 Operationen fanden in 165 Krankenhäusern statt, von denen 66 weniger als zehn dieser Eingriffe pro Jahr vornahmen - obwohl hier einen Mindestmenge von zehn Operationen vorgeschrieben ist.

Medizinische Leistungen sollen auf wenige Häuser konzentriert werden

Ähnlich sieht es bei Knieoperationen aus. Rund 30.000 Prothesen für Kniegelenke wurden Patienten 2017 landesweit eingesetzt - in insgesamt 233 Krankenhäusern. Knapp die Hälfte der Eingriffe entfielen auf Häuser, die weniger als 100 dieser Fälle pro Jahr haben, was im Schnitt zwei dieser Operationen pro Woche entspricht. Auch bei dieser medizinischen Leistung ist aber mit wenigstens 50 Eingriffen pro Jahr eine Mindestmenge vorgeschrieben.

Minister Laumann will dieser Entwicklung nun mit der nach seinen Worten "wohl größten Reform" der NRW-Krankenhauslandschaft gegensteuern. Im Kern sollen medizinische Leistungen auf weniger Häuser konzentriert werden und so Mindestmengen für Behandlungen sicherstellen. Eine solche Verteilung soll Spezialisierung, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Kliniken verbessern. Geringe Fallzahlen führten zu hohen Kosten, weil die gesamte medizinische Ausstattung unabhängig von der Auslastung vorgehalten werden müsse. Allein im Kölner Raum bieten im Radius von 20 Minuten Fahrzeit 30 Krankenhäuser kardiologische Leistungen an, so die Studie.

NRW-Krankenhauslandschaft und Diakonie reagieren zurückhaltend

"Die bisherige Krankenhausplanung hat zu einer Fehlentwicklung in der Krankenhauslandschaft geführt", sagte Laumann. Der Hauptgrund sei, dass als Planungsgröße immer noch die Zahl der Betten im Mittelpunkt stehe und nicht die erbrachte medizinische Leistung. Auch Qualitätskriterien spielten bislang keine Rolle. Bei der Reform solle aber sichergestellt bleiben, dass jeder Patient unabhängig von seinem Wohnort ein Krankenhaus innerhalb von 30 Minuten erreichen könne. Ob Krankenhäuser geschlossen werden sollen, ließ Laumann offen.

Der Vorstoß des Ministers stieß in der NRW-Krankenhauslandschaft auf Zurückhaltung. "Eine Planung aufgrund von vorgeschlagenen Leistungsbereichen und Leistungsgruppen darf nicht dazu führen, dass Krankenhäuser nach Umsetzung der Pläne nicht mehr wirtschaftlich geführt werden können. Zudem muss bei neuen Planungskriterien die Weiterbildung der Ärzte sichergestellt bleiben", sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink. Ein Kapazitätsabbau dürfe "nicht im Vordergrund stehen".

Auch die Diakonie Werk Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) mahnte, bei der Reform müsse das Patientenwohl im Vordergrund stehen. Vordergründig auf Kapazitätsabbau und Klinikschließungen zu setzen, wäre keine seriöse Krankenhausplanung. Alle Pläne müssen sich daran messen lassen, ob sie zu einer qualitativen Verbesserung der Versorgung führen. Evangelische Träger betreiben 57 Kliniken in NRW.

Krankenkassen erhoffen sich mehr "Effienz"

Die Krankenkassen begrüßten unterdessen die geplante Reform. Diese sei "eine gute Grundlage, die Qualität in der stationären Versorgung zu verbessern und die Krankenhauslandschaft effizient zu gestalten". Das gelte insbesondere für die Empfehlung der Gutachter, eine leistungsorientierte Krankenhausplanung einzuführen.

Kritik kam von der SPD im NRW-Landtag. Eine Konzentration von Leistungsbereichen beseitige weder den Investitionsstau in den Kliniken noch den Fachkräftemangel, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Josef Neumann.