Düsseldorf (epd). Die Gesamt- und Sekundarschulen in sozial schwachen Stadtteilen in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm und fordern mehr Unterstützung vom Land. Eine von der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschulen (GGG) angestoßene Initiative "Schule hoch drei" forderte am 9. September in Düsseldorf vor allem mehr Lehrpersonal und eine bessere Ausstattung. Das NRW-Schulministerium verwies darauf, dass schon jetzt die sozialräumliche Lage von Schulen bei der Verteilung von Lehrerstellen berücksichtigt werde.
Rund 100 Schulen sind "Schule hoch drei" - der Name will laut GGG die Menge der Probleme andeuten - inzwischen beigetreten. Zentrales Problem sei der Lehrermangel, sagte die Sprecherin der Initiative, Dorothee Kleinherbers-Boden. "Wir sind kaum noch in der Lage, auf dem angespannten Arbeitsmarkt qualifiziertes Personal zu finden." Notwendig seien wenigstens 25 Prozent mehr Lehrer an den Problemstandorten.
Größere Klassen, weniger Lehrer
Stellen könnten auch deshalb nicht besetzt werden, weil Kollegen Schulen in besser gestellten städtischen Lagen bevorzugten, erklärte die Sprecherin. Das NRW-Schulministerium müsse deshalb dringend gegensteuern, damit auch die Schulen in schwierigen Stadtlagen genug Personal bekämen. Dazu brauche es Anreize wie finanzielle Zulagen und weniger Pflichtstunden. Notwendig sei auch eine Pflicht, die die Arbeit an diesen Schulen zur Voraussetzung für Beförderungen mache.
Die Lage an den Schulen in den sozial schwachen Stadtteilen hat sich nach Feststellung der GGG auch durch den Zuzug von Flüchtlingen weiter erschwert. Immer mehr Schüler mit Migrationshintergrund, ohne Deutschkenntnisse und ohne Alphabetisierung kämen in die Klassen, die zudem immer größer würden und zum Teil bis zu 29 Schüler hätten. Im Gegenzug habe sich die Versorgung mit Lehrern verschlechtert. Damit, warnt die GGG in ihrem Positionspapier, wachse die Gefahr einer Benachteiligung aller Kinder. Der Lernerfolg der Schüler gerate immer mehr in Abhängigkeit vom Schulstandort.
Ministerium: 4.510 Lehrerstellen nach Kreissozialindex besetzt
Das nordrhein-westfälische Schulministerium betonte, es sei der Landesregierung ein großes Anliegen, die Ressourcen unter Berücksichtigung der oftmals sehr unterschiedlichen Ausgangslagen an den Schulen zu verteilen. Im aktuellen Schuljahr 2019/20 werden bereits 4.510 Stellen unter Berücksichtigung eines Kreissozialindexes an die Schulen gegeben, wie das Ministerium dem epd mitteilte. Das seien doppelt so viele Stellen wie noch unter der Vorgängerregierung.
Da der Index jedoch nur die soziale Belastung von Kreisen und kreisfreien Städten messe, werde zurzeit ein passgenaues Modell eines Schulsozialindexes erarbeitet. Dabei sollen grundsätzlich alle allgemeinbildenden Schulformen in den Blick genommen werden. Zudem verwies das Ministerium auf bereits geschnürte Maßnahmenpakete zur Verbesserung der Personalsituation an Schulen und die in diesem Schuljahr gestarteten sogenannten Talentschulen, die mehr Chancengleichheit ermöglichen sollen.
Unterstützung erhielt die Initiative von der SPD-Fraktion im Landtag. Der schulpolitische Sprecher Jochen Ott bezeichnete die Herstellung von Bildungsgleichheit als größte Herausforderung in Nordrhein-Westfalens Städten und Gemeinden. Er warnte, die dramatische Lage an den Grundschulen werde sich verschärfen. Daher brauche es für alle Lehrer die gleiche Gehaltsstufe.