Der Luftreinhalteplan für die Stadt Köln ist laut Gerichtsentscheidung rechtswidrig und muss überarbeitet werden. Die bisher vorgesehenen Maßnahmen genügten nicht den Anforderungen der Europäischen Richtlinie und des Bundesimmissionsschutzgesetzes, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster am 12. September. (Az: 8 A 4775/18) Ob Fahrverbote nötig sind, ließ das Gericht offen. Die Landesregierung NRW begrüßte das Urteil: Sie sieht darin die erfolgreiche Abwendung von Fahrverboten. Auch die Deutsche Umwelthilfe wertet das Urteil als Erfolg und rechnet mit Fahrverboten.

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte zum Teil das von der Deutschen Umwelthilfe erstrittene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid, im Jahresmittel 40 Mikrogramm pro Kubikmeter, sei an verschiedenen Stellen im vergangenen Jahr deutlich überschritten worden, erklärte das Gericht. An vier Stellen Kölns werde nach bisherigen Prognosen der Grenzwert im Jahr 2020 nur mit Diesel-Fahrverboten eingehalten werden können. Betroffen sind davon die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Luxemburger Straße und Neumarkt. Für die übrigen Messstellen in Köln scheine es nicht zwingend geboten, auch dort Fahrverbote anzuordnen.

Keine Fahrverbotszone angeordnet

Eine Fahrverbotszone wurde jedoch vom Oberverwaltungsgericht nicht angeordnet. Streckenbezogene Fahrverbote könnten unter Umständen genügen, hieß es. Die Bezirksregierung Köln hatte bereits einen überarbeiteten Luftreinhalteplan aufgestellt, der seit April dieses Jahres gilt. Das Oberverwaltungsgericht erklärte diesen Luftreinhalteplan für "unzureichend". An einigen Messstellen wurden laut Gericht Jahresmittelwerte für 2018 von 59 Mikrogramm pro Kubikmeter und 48 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen. Zulässig sind aber nur 40 Mikrogramm.

Fahrverbote müssten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verhältnismäßig sein, führte das Gericht aus. In dem neuen Luftreinhalteplan müsse das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Köln, unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung der Messwerte daher zunächst streckenbezogene Fahrverbote prüfen. Die Bezirksregierung müsse auch prüfen, für welche Fahrzeuge Ausnahmen vom Fahrverbot erteilt werden könnten, ohne die Einhaltung der Grenzwerte zu gefährden. Der Senat ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Landesregierung und Umwelthilfe begrüßen Urteil

Die Landesregierung NRW erklärte, durch das Urteil werde es kein zonales Fahrverbot in Köln geben, wie es noch das Verwaltungsgericht zuvor angeordnet habe. Inwieweit streckenbezogene Fahrverbote als Ultima Ratio erforderlich seien oder andere Maßnahmen wirkten, sei von der Bezirksregierung erneut zu prüfen, erklärte die Staatskanzlei in Düsseldorf. "Mit dem Urteil würdigt der Senat unsere gemeinsamen Bemühungen, die sich bereits in deutlich verbesserten Messwerten zeigen", sagte Staatssekretär Heinrich Bottermann in Münster. Damit sei es gelungen, ein zonales Fahrverbot abzuwenden. Auch gebe es weiterhin keinen Automatismus für Fahrverbote.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte das Urteil. Die Landesregierung sollte nun nach der zweiten Niederlage in den Luftreinhalteverfahren vor dem Berufungsgericht ihren Bürgern reinen Wein einschenken und rechtzeitig mitteilen, dass Diesel-Fahrverbote kommen würden, erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Nach Einschätzung der DUH sei die Einführung von Fahrverboten auf vier Hauptverkehrsstraßen in Köln unvermeidbar. "Da das Land mit diesem zweiten von uns gewonnenen Urteil die Rechtsauffassung des Gerichts auch für die zwölf weiteren Städte kennt, freuen wir uns auf die im Oktober terminierten Vergleichsgespräche mit der Landesregierung."