Klimakrise, Umweltzerstörung und Artensterben: Davor wurde schon vor Jahrzehnten gewarnt. Bereits 1962 beschrieb die US-amerikanische Biologin Rachel Carson in "Der stumme Frühling", wie sich Gifte in der Nahrungskette verbreiten. Die 1972 von Dennis Meadows veröffentlichte Studie "Grenzen des Wachstums" sah die Gefahr einer ökologischen Übernutzung des Planeten. Der als erster Umweltreport der Geschichte geltende Bericht an den US-Präsidenten, "Global 2000", von 1980 analysierte eine Reihe zu erwartender Probleme, nicht zuletzt beim Klima. "Die Schlussfolgerungen, zu denen wir gelangt sind, sind beunruhigend", hieß es schon damals.

Lange wurden diese Warnungen von Politik und Wirtschaft ignoriert, aber ohne Wirkung waren sie Experten zufolge nicht. "Es war natürlich nicht alles richtig, was in diesen Studien gesagt wurde. Bei vielen Themen hat sich der Wissensstand weiterentwickelt. Aber deren Grundaussagen zu Themen wie Klimawandel, Umweltzerstörung und Artensterben sind auch weiterhin richtig", sagt der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Übermäßig pessimistisch

"Der stumme Frühling" der Wissenschaftsjournalistin Rachel Carson sei ein sehr einflussreiches Buch gewesen. Deren Hauptaussage - die verheerenden Auswirkungen von Pestiziden wie dem Insektizid DDT vor allem auf Vögel - habe durchaus Folgen gehabt. Dass die schlimmsten Produkte in diesem Bereich, wie etwa Lindan, vom Markt genommen wurden, sei nicht zuletzt Carsons Verdienst.

Die Studie "Grenzen des Wachstums" im Auftrag des Club of Rome von 1972 sei zu einem Zeitpunkt erschienen, als es in der Umweltpolitik eine Aufbruchstimmung gab, sagt Müller-Kraenner. Ein Meilenstein sei die Weltumweltkonferenz der Vereinten Nationen 1972 in Stockholm gewesen. Es folgte eine Welle an Gründungen von Umweltministerien und Behörden, erst in den USA, dann auch in Deutschland, wie der Experte beschreibt.

Allerdings habe der Bericht der 1968 gegründeten internationalen Wissenschaftler-Vereinigung Club of Rome viele Dinge in drastischen, übermäßig pessimistischen Worten ausgemalt. "Heute weiß man, die Ressourcen und Reserven reichen noch viel länger als man damals gedacht hat", sagt Müller-Kraenner. Es habe Fortschritte bei der Energieeinsparung gegeben, man fand neue Lagerstätten von Öl und Gas. Dennoch stimme die Grundaussage, dass die Ressourcen endlich und das Wachstum begrenzt seien. Die Studie habe damals noch nicht sehen können, dass die planetaren Grenzen vor allem durch Abfallstoffe, Klimagase oder Luftschadstoffe überschritten würden.

Der Global-2000-Bericht von 1980 ist der erste Versuch einer globalen umweltpolitischen Bestandsaufname. Müller-Kraenner: "Der Bericht hat aber nicht die ganze Wirkung entfaltet, die er in der Tendenz hätte haben können." Grund sei der "umweltpolitische Rollback" Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre mit dem Aufstieg neokonservativer und neoliberaler Kräfte und der Amtszeit der britischen Premierministerin Margaret Thatcher und des US-Präsidenten Ronald Reagan. Jimmy Carter hatte damals eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Weißen Hauses aufstellen lassen. Sein Nachfolger Reagan "ließ das Ding als erstes wieder abbauen", erinnert sich Müller-Kraenner.

"Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre"

Wichtig sei aus deutscher Sicht auch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" gewesen, die von 1987 bis 1990 tagte und in ihrem Abschlussbericht den Impuls für ein erstes deutsches Klimaschutzziel gab. Dies sei "unglaublich einflussreich" gewesen: Es habe damals einen parteiübergreifenden Konsens über die Notwendigkeit klimapolitischer Maßnahmen gegeben. Man habe bereits über eine Energie- oder Klimasteuer geredet. Müller-Kraenner: "Das liest sich wie heute."

Der weltweite Klimawandel war als neue globale Herausforderung ins Bewusstsein gedrungen. Die Umwelt-Klassiker hatten tatsächlich großen Einfluss, bilanziert der Experte: "Die Berichte haben ihre Aufgabe, aufzuklären und das Bewusstsein zu schärfen, erfüllt." Aber das ersetze nicht politisches Handeln.

Die jahrzehntelange weitgehende Ignoranz gegenüber den Warnungen vor Klimawandel und Umweltzerstörung aus der Wissenschaft liege vor allem in der menschlichen Natur, sagt der Journalist und Umwelt-Experte Franz Alt (81): "Um aktiv zu handeln oder sein Handeln zu verändern, bedarf es zunächst eines Bewusstseinswandels. Solche schwierigen Prozesse dauern immer viele Jahrzehnte."

Alt hält eine rechtzeitige Umkehr zu einem globalen nachhaltigen Lebensstil noch für möglich: "Die dafür notwendigen neuen Technologien sind längst vorhanden." Die alles entscheidende Frage sei, "ob Bürgerinnen und Bürger die Chancen nutzen. Und ob Politiker endlich mutiger und ehrlicher werden als bisher."