Er war einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts, bekannt für Romane wie "Radetzkymarsch" und "Hiob". "Joseph Roth war fünftausend Jahre alt", schrieb Heinrich Böll über ihn. "Alle Weisheit des Judentums war in ihm, dessen Humor, dessen bitterer Realismus, alle Trauer Galiziens, alle Grazie und Melancholie Austrias." Roth selbst formulierte es so: "Ich bin ein Franzose aus dem Osten, ein Humanist, ein Rationalist mit Religion, ein Katholik mit jüdischem Gehirn."

Der Autor wurde vor 125 Jahren am 2. September 1894 in Brody in Galizien geboren, das damals zu Österreich gehörte. Er starb 1939 im Exil in Paris, erst 44 Jahre als. Seine letzte Erzählung, "Die Legende vom heiligen Trinker" erschien erst nach seinem Tod.

Als Dichter und bekannter Journalist der Weimarer Republik war Roth ein Kämpfer für eine gerechtere Welt, konkret: gegen Nationalismus und Nationalsozialismus. Die Schriftstellerin Irmgard Keun erinnerte sich einst: "Ich kenne niemanden, der so unerbittlich klar, so überzeugend stark, so leidenschaftlich kompromisslos darüber und dagegen schrieb wie Roth." Die Aussichtslosigkeit dieses Kampfes trug dazu bei, aus seiner Neigung zum Trinken tödlichen Alkoholismus zu machen.

Ruheloses Leben

Als Kämpfer zeigte Roth sich schon in seinem ersten Roman "Das Spinnennetz", der 1923 in der Wiener "Arbeiterzeitung" erschien. Er porträtierte einen rechtsradikalen Karrieristen, analysierte seine Allmachtphantasien. Rasch erschienen danach die Romane "Hotel Savoy" und "Die Rebellion". Die "Frankfurter Zeitung" verpflichtete ihn als Korrespondenten, der Journalist berichtete aus Paris und der Sowjetunion.

Diese glücklichsten Jahre seines Lebens dauerten nicht lang. Friedl Reichler, die er 1922 geheiratet hatte, erkrankte 1928, vermutlich an Schizophrenie. Das Paar trennte sich. Ins Exil ging er 1933 mit Andrea Manga Bell und deren zwei Kindern. Von 1936 bis 1938 lebte er mit Irmgard Keun zusammen. Auch in seinen besten Jahren war es ein ruheloses Leben: Roth hatte praktisch nie eine Wohnung, er zog von Hotel zu Hotel, in Cafés entstanden seine Artikel und Bücher.

Die Ruhe- und Heimatlosigkeit ist auch das Thema vieler seiner Romane. Nach dem Ersten Weltkrieg, den Roth als Soldat mitgemacht hatte, war die Welt aus den Fugen. Das "Hotel Savoy" ist überfüllt mit Menschen, die irgendwie davongekommen sind, arme Teufel, aber auch reiche Banker. In "Die Flucht ohne Ende" gerät der k.u.k.-Offizier Tunda in die Oktoberrevolution, wird sogar Kommandant, und dann verschlägt es ihn bis nach Paris, immer auf der Flucht vor sich selbst.

1929 und 1932 erschienen die Romane "Hiob" und "Radetzkymarsch", die Roth endgültig in die Weltliteratur geführt haben. Seine Fähigkeit, Menschen zu zeichnen mit all ihren Freuden und Kümmernissen, in all ihren Widersprüchen, hat er hier perfektioniert.

Endzeit-Roman

Dabei schreibt er nicht raffiniert, sondern ganz einfach. Unvergesslich ist der fromme Jude Mendel Singer, der von Russland nach New York kommt. Er muss die Leiden Hiobs noch einmal erdulden, er rebelliert gegen Gott, aber am Ende begegnet ihm ein Wunder. "Man erlebt statt zu lesen", schrieb Stefan Zweig.

In "Radetzkymarsch" wird ein Offizier aus einem ruhmreichen Adelsgeschlecht, Joseph von Trotta, ein liebenswerter aber schwacher Mensch, zur Symbolfigur für den Niedergang und das Ende der Habsburger Monarchie. Ein Endzeit-Roman, vergleichbar den "Buddenbrocks".

In den 1930er Jahren aber sah Roth - in seiner Verzweiflung über den siegreichen Antichrist, wie er den Nationalsozialismus nannte - im katholischen Habsburger Kaiserreich eine Hoffnung im Kampf gegen die Barbarei. Viele Emigranten nahmen ihm diese "Wendung ins Reaktionäre" übel. Aber Roth verstand sich, so verteidigte ihn sein Freund Stefan Zweig, "als Soldat im Kampf um die europäische Kultur".

1938 fuhr er sogar noch einmal nach Wien, um sich für Otto von Habsburgs Rückkehr nach Österreich einzusetzen. Nur drei Tage vor dem Einmarsch der deutschen Truppen verließ er Wien, ein Jahr später starb er, am 27. Mai 1939.

Joseph Roths Nachruhm reicht weit: Viele seiner Erzählungen und Romane sind verfilmt worden, einige wurden für die Bühne bearbeitet. Vor allem Koen Tachelets Bühnenfassung von "Hiob" ist an vielen Theatern aufgeführt worden. Die von Roth geschaffenen Figuren und ihre Schicksale faszinieren über die Zeit hinaus.