Bei der abschließenden Beratung der Migrationsgesetze am 7. Juni im Bundestag haben sich Regierung und Opposition in einer emotionalen Debatte einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Der Bundestag verabschiedete mit den Stimmen der Koalition und der AfD verschärfte Regelungen für mehr Abschiebungen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, über das im zweiten Schritt abgestimmt wurde, erhielt keine Zustimmung aus der Opposition. FDP, Grünen und der Linken geht es nicht weit genug. Die AfD lehnt eine weitere Öffnung des Arbeitsmarkts für Zuwanderer ab.

Union und SPD verteidigten die verschärften Regelungen für Abschiebungen und lobten ihr Einwanderungsgesetz für Fachkräfte als Zäsur in der Migrationspolitik. Grüne und Linksfraktion sehen durch das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz hingegen Grund- und Menschenrechte verletzt.

Grüne sprechen von "Farce"

Sie warfen Union und SPD vor, mit einer übereilten Verabschiedung der Gesetze vor allem die Handlungsfähigkeit der großen Koalition demonstrieren zu wollen. Von einer seriösen Beratung des umfangreichen Pakets könne keine Rede sein. Die Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, sprach von einer "Farce". Die Innenausschussvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) wies das entschieden zurück.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, die Öffnung des Arbeitsmarkts für ausländische Fachkräfte, sei nach seiner Überzeugung "das notwendigste und wichtigste Gesetz". Entscheidend sei nun die Umsetzung. Es dürfe nicht anderthalb Jahre dauern, bis eine Fachkraft wirklich einreisen könne. Menschen ohne Aufenthaltsrecht müssten das Land hingegen verlassen, betonte Seehofer. Nur mit der Begrenzung von Zuwanderung könne eine erfolgreiche Integration gelingen.

SPD-Abgeordnete bekannten sich zu dem Kompromiss. Für ein Einwanderungsgesetz habe man 20 Jahre gekämpft. Künftig sollen Fachkräfte aus Nicht EU-Ländern nach Deutschland kommen können, wenn sie die entsprechenden Qualifikationen mitbringen. Auch eine Einreise zur Arbeits-oder Ausbildungplatzsuche ist möglich. FDP, Grüne und Linke kritisierten dagegen die Hürden als zu hoch. "Wir brauchen ein Punktesystem" forderte der Arbeitsmarkt-Experte der Liberalen, Johannes Vogel. Das Gesetz der Koalition sei "zu wenig". Man könne mit höchstens 25.000 Zuwanderern pro Jahr rechnen: "Wir brauchen aber 200.000", rechnete er vor.

Viel Zustimmung erhielt der SPD-Abgeordnete Helge Lindh für eine persönliche Rede, in der er dafür warb, fair miteinander umzugehen. Er selbst und viel andere aus seiner Partei setzten sich für Flüchtlinge ein, würden aber nun als "Unmenschen und Rassisten" verunglimpft. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Eva Högl sagte, es müsse klare Regeln geben. Das Rückkehr-Gesetz verstoße weder gegen Grund- und Menschenrechte, noch gegen europäisches Recht.

"Katalog der Grausamkeiten"

Das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht gibt den Behörden und der Polizei mehr Möglichkeiten, Abschiebungen durchzusetzen. Asylbewerber müssen bei der Klärung ihrer Identität mitwirken. Weigern sie sich, hat dies Nachteile wie ein Arbeitsverbot und Leistungskürzungen. Um die Zahl der Haftplätze zu erhöhen, können Flüchtlinge in Abschiebehaft auch in normalen Gefängnissen untergebracht werden, ein auch innerhalb der SPD umstrittener Punkt.

Die migrationspolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, sprach von einem "Katalog der Grausamkeiten" gegen Flüchtlinge und ihre Unterstützer. Filiz Polat von den Grünen nannte die Gesetze eine "humanitäre und rechtsstaatliche Bankrotterklärung". Sie forderte ein Bleiberecht für gut integrierte Flüchtlinge. Stattdessen gerieten sie in Gefahr, abgeschoben zu werden, wenn sie die hohen Hürden für die neu eingeführte Beschäftigungsduldung nicht erfüllten.

Der AfD gehen die Verschärfungen nicht weit genug. Das Rückkehr-Gesetz schaffe weder Ordnung noch Rückkehr, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer, Bernd Baumann. Das Fachkräftegesetz wird nach Ansicht der AfD zu Fehlentwicklungen noch verschärfen. Ausländer würden vor allem in die Großstädte ziehen, die meisten Arbeitskräfte fehlten aber auf dem Land, erklärte der AfD-Abgeordnete René Springer.

Der Bundestag verabschiedete insgesamt sieben Gesetze. Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht stehen noch aus. IS-Kämpfern soll der deutsche Pass entzogen werden können, wenn sie zwei Staatsangehörigkeiten haben.