Der Kurznachrichtendienst Twitter hat im Bundestag nach Angaben aus der SPD-Fraktion Fehler bei der Sperrung einiger Profile eingeräumt. Das teilte der digitalpolitische Sprecher Jens Zimmermann nach einer nicht-öffentlichen Anhörung im Ausschuss Digitale Agenda am 15. Mai in Berlin mit. Zimmermann, der Mitglied im Ausschuss ist, erklärte: "Es bleibt trotz allem unverständlich, warum Twitter die - offensichtlich willkürlichen - Sperrungen erst so spät aufgehoben hat."

Am 13. Mai war die "Jüdische Allgemeine" von Twitter vorübergehend gesperrt worden. In einer automatischen Mitteilung des Kurznachrichtendienstes hieß es, die Wochenzeitung habe gegen die Regeln "zum Veröffentlichen von irreführenden Informationen zu Wahlen" verstoßen. Am späten Nachmittag wurde der Account der Wochenzeitung dann wieder freigeschaltet.

Chefredakteur Detlef David Kauschke forderte nun eine Erklärung. "Man möchte wenigstens in Erfahrung bringen, warum judenfeindliche Beleidigungen den Regeln entsprechen, redaktionelle Kurznachrichten einer jüdischen Wochenzeitung hingegen nicht", schrieb er auf dem Onlineportal "juedische-allgemeine.de". So werde beispielsweise ein Tweet mit dem Inhalt "Frauen sind das pure Böse Juden auch jüdische Frauen sind die schlimmsten" von dem Kurznachrichtendienst offenbar nicht beanstandet. Twitter schweige aber, Nachfragen blieben unbeantwortet, kritisierte Kauschke.

Prominente Nutzer betroffen

Das Unternehmen werbe damit, dass jeder eine Stimme und das Recht habe, sie zu erheben, fügte der Chefredakteur von Deutschlands wichtigster jüdischer Wochenzeitung hinzu. Transparenz sei ein Leitmotiv. Kauschke fragte: "Wie wäre es, wenn der amerikanische Kurznachrichtendienst seine Stimme erheben und uns erklären würde, wie er es mit der Presse und Meinungsfreiheit hierzulande hält, kurz vor dem 70. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes?"

Grund für die Sperrung war den Angaben zufolge ein Tweet der "Jüdischen Allgemeinen" mit dem Wortlaut "Warum Israels Botschafter Jeremy Issacharoff auf Gespräche und Treffen mit der AfD verzichtet". Der Tweet wies auf ein Interview der Deutschen Presse Agentur mit dem israelischen Botschafter in Deutschland hin, in dem Issacharoff sagte, er meide jeden Kontakt zur AfD wegen deren Haltung zum Holocaust.

Twitter hat jüngst Maßnahmen gegen Desinformationskampagnen vor den Europawahlen ergriffen. Seither waren einige prominente Nutzer von Sperrungen betroffen. SPD-Parlamentarier Zimmermann forderte ebenfalls, Maßnahmen anlässlich der Wahlen dürften die Meinungsäußerungsfreiheit nicht einschränken. Twitter wolle dennoch daran festhalten und nehme so eine Beschränkung der Meinungsfreiheit willentlich in Kauf, kritisierte er.