Vertreter aus Kirche und Kultur haben Wahlplakate der rechtsextremen NPD scharf kritisiert. In mehreren Bundesländern wirbt die Partei um Wählerstimmen mit dem Bild des Kirchenreformators Martin Luther (1483-1546), wie die Sprecherin der Stiftung Luthergedenkstätten, Nina Mütze, in Wittenberg am 8. Mai dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Belege dafür gebe es unter anderem aus Bayern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen, wo das Plakat etwa in Bochum hängt.

Stiftung will gegen rechtsextreme Partei klagen

Wahrscheinlich seien aber bundesweit solche Wahlplakate im Umlauf, "überall dort, wo die NPD plakatiert", sagte die Sprecherin. Zum genauen Zeitpunkt wollte sie sich noch nicht äußern. Aktuell liefen die juristischen Vorbreitungen. Zudem würden weitere Hinweise und Fotos wegen Verstößen gegen das Urheberrecht gesammelt. Der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten, Stefan Rhein, erklärte zudem, es sei "geradezu abstoßend, dass die NPD Martin Luther für ihre Parteizwecke instrumentalisiert".

Auch die Evangelische Kirche von Westfalen und die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz verurteilten das Vorgehen der NPD. Das Plakat sei "ein peinlicher Versuch, Luther vor den eigenen Karren zu spannen", erklärte der westfälische Landeskirchenrat Jan-Dirk Döhling am 8. Mai in Bielefeld. Die von Luther angestoßene Reformation sei eine "sprachen- und völkerübergreifende Bewegung" gewesen, die bis heute Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen verbinde. "Wer dafür einsteht, kann sich zu Recht auf Luther berufen, die NPD nicht", betonte Döhling.

Auch ein Sprecher der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) erklärte, die Landeskirche verurteile "diesen Missbrauch Luthers auf das Schärfste". Die NPD versuche, damit gezielt zu provozieren. "Diese Plakate werden, wie aus verschiedenen Gemeinden der EKBO immer wieder gemeldet wird, bevorzugt in unmittelbarer Nähe von Kirchen oder kirchennahen Einrichtungen aufgehängt, zum Teil direkt vor Wohnsitzen von Pfarrerinnen und Pfarrern", erklärte der Kirchensprecher.

Luther-Zitat

Auf dem Wahlplakat der rechtsextremen Partei ist neben dem Konterfei des Reformators eine Abwandlung seines bekannten Zitates "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" zu sehen. Bei der NPD heißt es, "Ich würde NPD wählen - Ich könnte nicht anders". Dabei wird ein Lutherporträt aus dem Jahr 1528 verwendet, das in der Dauerausstellung des Lutherhauses in Wittenberg hängt.

Die Stiftung sieht das Urheberrecht der Fotografin, die alle Nutzungsrechte an die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt übergeben hat, verletzt. Falls eine andere Fotografie verwendet wurde, wäre auch dies nicht erlaubt, weil die Besucherordnung nur Fotos für den privaten Gebrauch zulässt. Das Urheberrecht des Künstlers Lucas Cranachs d. Ä. kann nicht mehr verletzt werden, da er seit mehr als 70 Jahren tot ist. Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers.

"Parteipropaganda"

Dem Inhalt nach handele es sich hierbei nicht um Wahlplakate, da nicht zu einer bestimmten Wahl aufgerufen werde, erklärte der Sprecher der EKBO. Die Plakate tauchten auch unabhängig von anstehenden Wahlen auf. Es handle sich daher um "reine Parteipropaganda".

"Nach unserem Verständnis sind christlicher Glaube und Nationalismus in keinster Weise vereinbar", betonte der Kirchensprecher. Zugleich rief die Landeskirche ihre Pfarrerinnen und Pfarrer auf, "sich nicht zu unüberlegtem Handeln provozieren zu lassen, sondern mit dem Wort zu reagieren".

Die EKBO reagierte damit auf einen Fall im brandenburgischen Storkow. Die rechtsextreme NPD wirft einer Theologin vor, die umstrittenen NPD-Plakate ihrerseits unter anderem mit den Worten "Garantiert nicht" beschmiert zu haben. Die Partei hat nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen die Pfarrerin gestellt.