Eisenach (epd). 80 Jahre nach Gründung des sogenannten Entjudungsinstituts ist am 6. Mai in Eisenach ein Mahnmal eingeweiht worden. Die Installation nach einem Entwurf des Leipziger Künstlers Marc Pethran sei als ein Schuldbekenntnis für die Gründung des "Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" sowie zur mahnenden Erinnerung an die Opfer von Antijudaismus und Antisemitismus zu verstehen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von acht evangelischen Landeskirchen. Sie stehen in der Rechtsnachfolge von elf Vorgängerkirchen, die das Institut auf Betreiben führender "Deutscher Christen" am 6. Mai 1939 auf der Wartburg gegründet hatten.
Das überlebensgroße Mahnmal besteht aus zwei rostigen Metalltafeln, die an ein Buch erinnern. Teile der angedeuteten Zeilen wurden so entfernt, dass sie einzelnen ausgeschnittenen Worten ähneln. Während auf der hinteren Tafel Informationen zum Institut zu finden sind, steht auf der vorderen mit großen weißem Buchstaben "Wir sind in die Irre gegangen". Das Zitat weist auf das "Darmstädter Wort" hin, mit dem sich evangelische Christen 1947 zu ihrer historischen Mitverantwortung für die Ursachen und Folgen des Nationalsozialismus bekannten.
Anpassung an NS-Ideologie
Der neu geschaffene Erinnerungsort befindet sich etwa 100 Meter unterhalb des an einem steilen Stieg gelegenen früheren Institutsgebäudes. Von der Verlegung verspreche man sich eine bessere öffentliche Wahrnehmung, sagte Ilse Junkermann, die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Neben ihr nahmen an der Einweihung des Mahnmals auch Vertreter von fünf weiteren Landeskirchen teil - aus Sachsen und aus Anhalt, von der Nordkirche, der Kirche in Hessen und Nassau (Kassel) sowie der Evangelischen Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Österreich.
Das "Entjudungsinstitut" hatte zum Ziel, Kirche und christlichen Glauben an die nationalsozialistische Ideologie anzupassen. Den Mitarbeitern ging es unter anderem um eine Abwertung des Alten Testaments und die Tilgung sämtlicher jüdischer Spuren im Neuen Testament. So brachte der Arbeitskreis "Volkstestament" 1941 ein "entjudetes" Neues Testament unter dem Titel "Die Botschaft Gottes" heraus.
Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, der gemeinsam mit Landesrabbiner Alexander Nachama nach Eisenach gekommen war, sprach von einer wichtigen Aufarbeitung der Geschichte. "Das gilt nicht nur für die Protestanten, sondern für die ganze Gesellschaft", sagte Schramm dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Dank an Junkermann
Er bedankte sich ausdrücklich bei der scheidenden Landesbischöfin Junkermann für Ihre Hartnäckigkeit bei dem Thema. Der neue Gedenkort komme auch nicht zu spät. 80 Jahre seien eine lange Zeit, aber - ähnlich wie bei der weiter nötigen Auseinandersetzungen um die fünf Jahrhunderte alten antisemitischen Schriften Martin Luthers - setze das Mahnmal noch lange keinen Schlusspunkt hinter die Debatte um das Institut, erklärte er Landesvorsitzende.
Die Einweihung des Mahnmals ist aus Sicht der Landesbischöfin ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Eröffnung der neuen Sonderausstellung im Eisenacher Lutherhaus am 20. September. Sie trägt den Titel "Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche "Entjudungsinstitut" 1939-1945" und soll bis mindestens Ende 2021 zu sehen sein. Der Schwerpunkt der Exposition liegt nach Angaben von Lutherhaus-Leiter Jochen Birkenmeier auf der Herausarbeitung der Gründe, die zur Einrichtung des Instituts führten. Aber auch der Umgang mit diesem "dunklen Teil" der Kirchengeschichte in der DDR werde thematisiert, kündigte er an.