Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht den Kampf gegen Rechtsextremismus als eine vordringliche Aufgabe in seinem Bundesland an. Es gebe bei diesem Thema "weiter viel zu tun", sagte der CDU-Politiker auch mit Blick auf die neuerlich gestiegenen Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität im Freistaat dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gebraucht werde ein politischer und gesellschaftlicher Konsens, "dass wir diesen Kampf aus der Mitte der Gesellschaft führen müssen". Dies betreffe auch den Kampf gegen linken oder religiösen Extremismus. Aber "Rechtsextremismus ist unser größtes Problem", sagte der Regierungschef.

Zu einem offenen Umgang mit rechtsextremen Erscheinungen sieht er keine Alternative. "Jeder in der Statistik auftauchende Fall schmerzt und ist für das Land eine Wunde", sagte Kretschmer. Aber nur durch das Aufdecken dieser Dinge könne dies letztlich auch gesunden: "Zudecken ist immer schlecht."

"Grenzen verschwimmen"

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, äußerte sich derweil besorgt über neue Entwicklungen in der rechtsextremistischen Szene. Seine Behörde bemerke eine intensivierte Vernetzung unterschiedlicher rechtsextremistischer Gruppierungen, sagte er der "Welt am Sonntag": "Die Grenzen zwischen rechtsextremistischen Kreisen und dem Protestbürgertum verschwimmen zunehmend."

"Ich glaube, die Entwicklung des vergangenen Jahres hat gezeigt, dass wir dem Bereich Rechtsextremismus mehr Aufmerksamkeit widmen müssen", sagte der Verfassungsschutzchef. Nicht nur in Chemnitz seien "ganz neue Entwicklungen" wahrgenommen worden. Haldenwang hatte an der Spitze der Behörde im vergangenen Jahr Hans-Georg Maaßen abgelöst, dessen Äußerungen über die Ereignisse in Chemnitz als Relativierung rechtsextrem motivierter Ausschreitungen gedeutet wurden.

Sachsens Regierungschef Kretschmer warb dafür, den Kampf gegen Rechtsextremismus "nicht gegen, sondern für etwas" zu führen. Konkret nannte er die Schlagworte Demokratie, Meinungsfreiheit, eine offene Diskussionskultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gefordert seien jeder Einzelne in seinem privaten Umfeld, aber auch Schule, Kommunalpolitik, Polizei, Justiz, Kirchen und Verbände. Verschwörungstheoretiker und Populisten müssten "mit ihren Thesen ins Licht der Öffentlichkeit" gezogen und dort gestellt werden.