Mieterbund und Sozialverbände in Nordrhein-Westfalen haben vor einer dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt gewarnt. Sie fordern die Landesregierung auf, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und für mehr Mieterschutz zu sorgen. "Das Land muss seine Anstrengungen beim Neubau bezahlbarer Wohnungen verdoppeln", sagte der Vorsitzende des Deutschen Mieterbundes NRW, Hans-Jochem Witzke, am 14. Januar in Düsseldorf.

Witzke ist zugleich Sprecher des neu gegründeten Aktionsbündnisses "Wir wollen wohnen!", zu dem sich acht Organisationen zusammengeschlossen haben. Dazu gehören neben dem Deutschen Mieterbund NRW außerdem Wohlfahrts- und Sozialverbände sowie die Diakonie Rheinland Westfalen Lippe (RWL) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) NRW. Das Bündnis kritisiert, dass 2017 im bevölkerungsreichsten Bundesland nur 48.000 neue und bezahlbare Wohnungen entstanden seien, obwohl der jährlich Bedarf bei 80.000 neuen Wohnungen liege. Auch gelinge es nicht, den anhaltenden Wegfall von Sozialwohnungen zu kompensieren.

"Großstädte Oasen für Besserverdienende"

Viele Beschäftigte müssten inzwischen einen zu hohen Anteil ihres monatlichen Einkommens für die Miete ausgeben, warnte die stellvertretende Vorsitzende des DGB NRW, Sabine Graf. Immer mehr Arbeitnehmer seien daher gezwungen, von den Städten aufs Umland auszuweichen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass bestimmte Großstädte Oasen für Besserverdienende werden", betonte Graf.

Der Landesgeschäftsführer des Paritätischen NRW, Christian Woltering, erklärte: "Immer mehr Menschen werden durch steigende Wohnkosten an den Rand der Existenz getrieben." Nicht nur für Alleinerziehende, Flüchtlinge, Suchtkranke oder ehemalige Strafgefangene werde die Wohnungssuche zur existenziellen Krise. Betroffen seien auch Normalverdiener-Familien.

Diakonie sieht viele Mieter in einer existenziellen Krise

Diakonie-Vorstand Christian Heine-Göttelmann warnte vor einer Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts: "In unsere Beratungsstellen kommen immer mehr Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Miete zahlen sollen und von Wohnungslosigkeit bedroht sind." Davon betroffen seien in NRW rund 32.000 Menschen.

Vor diesem Hintergrund fordert das Bündnis die Schaffung von mehr öffentlich gefördertem Wohnraum mit sozialer Zweckbindung. Neben dem Land seien dabei auch die kommunalen Wohnungsunternehmen in der Pflicht. Die Kommunen müssten darauf achten, dass städtische Grundstücke nicht zu Höchstpreisen angeboten würden, denn auch das sei ein Auslöser für zu hohe Mieten.

Schutz der Mieterrechte angemahnt

Eine weitere Forderung des Bündnisses ist der Schutz der Mieterrechte. Kritisiert wird, dass die Landesregierung im Koalitionsvertrag das Aus für zahlreiche rechtliche Regelungen zum Schutz von Mietern angekündigt hätten. Dazu zählten der Schutz vor überzogenen Mieten und vor Verlust von Mietwohnungen durch Umwandlung in Eigentumswohnungen sowie vor Eigenbedarfskündigungen nach Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Auch der Schutz vor Zweckentfremdung von Wohnraum durch gezielten Leerstand oder gewerbliche Nutzung solle entfallen. "Das können und wollen wir nicht hinnehmen", sagte Witzke.

Unterstützung bekommt das Aktionsbündnis von der SPD-Opposition. Sie fordert eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft und eine verstärkte Förderung von kommunalen Wohnungsbaugenossenschaften. Schwarz-Gelb falle den mehr als 10,1 Millionen Menschen in Mieterhaushalten mit einem "Kahlschlag" beim Mieterschutz in den Rücken und erleide beim öffentlich geförderten Wohnungsbau "Schiffbruch", rügte Landtags-Fraktionsvize Jochen Ott.