Die Stimmung in der Pflegebranche hat sich weiter verschlechtert, und die Ausgaben für die Pflege alter Menschen werden schon bald höhere Beiträge erfordern. Das sind die Ergebnisse zweier Studien, die am 16. Januar veröffentlicht wurden. Dem "Care-Klima-Index 2018" zufolge, der in Berlin vorgestellt wurde, hat sich das Klima in der Branche messbar abgekühlt. Die Befragten vergaben fast überall mehr Minuspunkte als im Vorjahr. Auch die Politik kommt nicht gut weg.

In der Umfrage von Ende 2018 unter Pflegekräften, Ärzten, Pflegebedürftigen, Angehörigen sowie Vertretern von Kassen und Verbänden stufen 74 Prozent der Befragten den Stellenwert des Themas Pflege bei der Politik als niedrig ein, fünf Prozent mehr als 2017. Fast ein Drittel der Befragten beurteilten die Qualität der Pflege nur als "mangelhaft" (29 Prozent).

Stimmungs-Index sank

Die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte hielten 60 Prozent der Befragten für "schlecht", gegenüber 2017 ist das ein Zuwachs um neun Prozentpunkte. Die personelle Ausstattung wird mit rund 70 Prozent unverändert als schlecht eingestuft - unter Pflegekräften vergeben 77 Prozent das Urteil "schlecht".

Der aus den Antworten auf alle Fragen errechnete Stimmungs-Index sank insgesamt von 100 auf 95,3 Punkte ab. Der im Auftrag des Deutschen Pflegetags vom Befragungsinstitut Psyma erstellte "Care-Klima-Index" im Auftrag misst die Stimmung in der Pflege, ähnlich der Messungen des Konsum- oder Wirtschaftsklimas. Der diesjährige Index beruht auf den Antworten von 2.226 Befragten, darunter 800 Pflegekräften. Die Erhebung kommt auch zu dem Ergebnis, dass mehr als drei Viertel der Bevölkerung (77 Prozent) bereit sind, für bessere Leistungen einen höheren Pflegebeitrag zu zahlen.

Beitragssatz werde steigen

Eine in Gütersloh veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung ergab, dass der Beitragssatz von derzeit 3,05 Prozent des Einkommens auf 4,25 Prozent klettern wird. Das bedeute bei einem Durchschnittseinkommen fast 550 Euro pro Jahr. Von 2025 an würden die Ausgaben weiter steigen, so dass die jüngste Beitragserhöhung um 0,5 Prozentpunkte nicht ausreiche. Die Studie geht davon aus, dass 2045 fünf Millionen Menschen Pflegeleistungen beziehen werden. Heute sind es 3,3 Millionen.

Gleichzeitig sinke die Zahl der pflegenden Angehörigen, so dass mehr Menschen ganz auf professionelle Pflege angewiesen sein werden. Die Prognose ist Teilergebnis einer Untersuchung zur Aufwertung der Altenpflegeberufe. Die Studie wird vom Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos in Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellt.

Zeit für ein Umdenken

Der Spitzenverband der Kranken- und Pflegekassen (GKV-Spitzenverband) forderte einen steuerfinanzierten Bundeszuschuss für die Pflege. Vorstand Gernot Kiefer sagte, es sei Zeit für ein Umdenken, statt nur über höhere Beiträge zu sprechen. Die Pflegeversicherung finanziere zu viele gesellschaftliche Aufgaben wie etwa Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige.

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, machte sich ebenfalls für einen Bundeszuschuss stark und erneuerte ihre Forderung, die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung zu machen. Die steigenden Kosten dürften nicht zu höheren Belastungen der Menschen führen. Für viele sei Pflege schon heute ein Armutsrisiko, sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

"Mehr kann die Bundesregierung kaum tun"

Der Präsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner, bestätigte die schlechte Stimmung. Der Personalmangel führe zu chronisch überhöhter Arbeitsbelastung. Der Dachverband der Pflegenden geht davon aus, dass 100.000 zusätzliche Kräfte gebraucht würden. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, wertete den "Care-Klima-Index" als Bestätigung für den anhaltenden Pflegenotstand.

Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, zeigte sich hingegen verwundert über weitere Verschlechterung der Stimmung in der Pflege. Das Thema stehe ganz oben auf der politischen Agenda. "Mehr kann die Bundesregierung kaum tun", sagte Westerfellhaus. Er nannte insbesondere die zusätzlichen 13.000 Stellen für Pflegeheime, Personaluntergrenzen und die Vollfinanzierung aller Pflegestellen in Kliniken.