Das Oberlandesgericht Hamm hat einem geistig behinderten Mädchen in letzter Instanz 500.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. In dem Urteil, das dem Evangelischer Pressedienst (epd) vorliegt, machen die Richter den Gynäkologen, der vor zwölf Jahren die Entbindung vornahm, für die massive Hirnschädigung des Kindes verantwortlich. Das Gericht verurteilte den Arzt neben dem Schmerzensgeld dazu, für alle Kosten aufzukommen, die dem Mädchen im Laufe des Lebens durch seine Behinderung entstehen. (AZ: OLG Hamm 26 U 9/16).

Gericht sieht schweren Behandlungsfehler

Das Mädchen war nach Gerichtsangaben in einem Krankenhaus per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Stunden nach der Geburt versagte der Kreislauf, und der Säugling musste wiederbelebt werden. Das Mädchen ist seit der Geburt ein Pflegefall und wird von seinen Eltern zu Hause versorgt. Zuerst hatte das in Bielefeld erscheinende "Westfalen-Blatt" (27. Dezember) über das Urteil berichtet. Laut Zeitungsbericht soll das geistig behinderte Mädchen aus dem Kreis Höxter stammen.

Das Oberlandesgericht änderte mit seinem Urteil die Entscheidung des Landgerichtes Paderborn ab, das die Klage abgewiesen hatte. Das Paderborner Gericht hatte im Jahr 2012 zunächst Ansprüche der Klägerin als verjährt eingestuft. Nachdem das Oberlandesgericht den Fall an das Landgericht zurückverwiesen hatte, wies das Landgericht im Jahr 2015 die Klage erneut ab. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass nach Einschätzung des Gerichts für die gesundheitlichen Schäden keine Fehler bei der Behandlung verantwortlich gewesen seien.

Das Oberlandesgericht sah hingegen einen groben Behandlungsfehler, weil zunächst keine Blutuntersuchung durchgeführt wurde, um die Ursache zu finden. Das neugeborene Mädchen litt nach Überzeugung von Gutachtern hormonbedingt unter einer Unterzuckerung, die mit der Gabe von Glukose leicht hätte behoben werden können. So aber habe die unentdeckte Unterzuckerung zu einem irreversiblen Hirnschaden geführt. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.