Die NDR-Journalistin Anja Reschke ist am 28. November in Hamburg mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus ausgezeichnet worden. Reschke erhalte die Auszeichnung für ihre Überzeugungskraft und investigative Berichterstattung, hieß es in der Begründung. Die 46-Jährige leitet die Abteilung Innenpolitik beim NDR Fernsehen. Sie moderiert das Politikmagazin "Panorama" und das Medienmagazin "Zapp". Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Der mit 2.500 Euro dotierte Sonderpreis ging an die Redaktion des Magazins "Kulturzeit" (3Sat).

Vordringliche Aufgabe des Journalismus sei die Recherche von Fakten, sagte Reschke. Diese müssten dann allerdings auch erzählend eingeordnet werden. Sie bemerke in den Redaktionen derzeit eine große Unsicherheit, welches Maß die eigene Beurteilung in der Berichterstattung haben darf. Die aktuelle Diskussion um den UN-Migrationspakt sei in der Regel nicht von Fakten bestimmt. Vorherrschend sei bei den Kritikern vor allem ein "Gefühl", die herrschende Politik arbeite gegen ihre eigenen Interessen. "Mit den Fakten dringen wir nicht mehr durch", sagte Reschke.

Investigativjournalismus stärken

Der Hamburger Medienwissenschaftler Volker Lilienthal erklärte, Neutralität der Medien sei in der Vergangenheit daran gemessen worden, ob alle politischen Strömung gleichermaßen zu Wort kommen. Auch die AfD etwa müsse in der politischen Berichterstattung vorkommen. Sie habe aber - wie andere Parteien auch - kein Recht, dass über sie unkritisch berichtet werde. Es könne auch keine neutrale Berichterstattung über Rechtsextremismus geben, betonte Lilienthal.

NDR-Intendant Lutz Marmor sagte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk könne verloren gegangenes Vertrauen vor allem durch eine Stärkung des investigativen Journalismus zurückgewinnen. Damit könne auch dem Eindruck entgegen gewirkt werden, er stecke mit den Mächtigen "unter einer Decke". Die Sender seien keine "Erziehungsanstalt", die eine politische Meinung vorgeben, sagte Marmor.

Nach den Worten von Johannes Hano, ZDF-Korrespondent in den USA, wird in Deutschland der aktuelle Wandel in der internationalen Politik noch nicht hinreichend wahrgenommen. Der Medienkampf in den USA zeige, dass es nicht um eine linke oder rechte Ausrichtung der Politik gehe. Hier würden staatliche Institutionen komplett infrage gestellt.

"Tagesthemen"-Kommentar

Reschke war unter anderem durch ihren "Tagesthemen"-Kommentar zur Haltung gegenüber Flüchtlingen bekanntgeworden. Darin hatte sie im August 2015 einen "Aufstand der Anständigen" gegen ausländerfeindliche Hetze im Internet gefordert. Die Branchenzeitschrift "Medium Magazin" hatte Reschke 2015 zur "Journalistin des Jahres" gekürt.

Der Preis wurde zur Erinnerung an "Tagesthemen"-Moderator Hanns Joachim Friedrichs (1927-1995) von einem Freundeskreis des Journalisten ins Leben gerufen. Die Preisverleihung findet abwechselnd beim NDR in Hamburg und beim WDR in Köln statt. Mit den Auszeichnungen werden jährlich Fernsehjournalisten für ihre kreative, kritische und unabhängige Arbeit geehrt.