Dem Wald in Nordrhein-Westfalen geht es schlecht. "Der Zustand unserer Wälder ist sehr besorgniserregend", sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) am 21. November in Düsseldorf bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes. "Die Lage in diesem Jahr ist besonders ernst." Das Zusammenwirken von Sturm "Friederike" im Januar, der extremen Trockenheit von Frühjahr bis Herbst und des anschließenden starken Befalls mit Borkenkäfern habe zu "erheblichen" Schäden geführt.

Dass 80 Prozent aller Bäume Schäden aufwiesen, sei der schlechteste Wert seit Beginn der Erhebungen 1984, sagte Heinen-Esser weiter. Die Folgen des Klimawandels seien ganz offenkundig auch in NRW angekommen.

Waldzustandsbericht: Schäden an 80 Prozent der Baumkronen

Für den Waldzustandsbericht werden jährlich 10.000 Bäume repräsentativ erfasst. Ein wesentliches Merkmal zur Beurteilung der Bäume sind für Experten die Blattverluste der Kronen. Demnach weisen in diesem Jahr 78 Prozent der erfassten Bäume schwache bis deutliche Kronenverlichtungen auf, im Vorjahr waren erst 70 Prozent betroffen.

Die NRW-Wälder, die zu zwei Drittel in Privatbesitz sind, bestehen zu 58 Prozent aus Laubbäumen, meist Buchen und Eichen. Der Rest ist Nadelwald - überwiegend schnell wachsende Fichten, die sich zur Holzverarbeitung besonders gut eignen. Besonders die Fichte hat dem Bericht zufolge in diesem Jahr besonders stark gelitten, weil ihr als Flachwurzler die Dürre sehr früh zusetzte. Aber auch Buchen und Eichen sind inzwischen je zur Hälfte geschädigt, litten unter Raupenfraß und warfen früh ihre Blätter ab. Kulturen mit jungen Bäumen seien wegen der Dürre "schlicht vertrocknet", sagte Lutz Falkenried vom Landesbetrieb Wald und Holz.

"Task Force Borkenkäfer"

Mit einer "Task Force Borkenkäfer" will das Land jetzt dafür sorgen, dass das Totholz möglichst schnell aus dem Wald abtransportiert wird. Damit will man eine weitere Massenvermehrung der Borkenkäfer im nächsten Jahr möglichst vermeiden.

Darüber hinaus soll der Wald mit neuen Strategien langfristig widerstandsfähiger gegen den Klimawandel werden. Das neue Waldbaukonzept für NRW will die Landesregierung in Kürze präsentieren. Neue Konzepte für die Waldbewirtschaftung sollen im Dezember auf einer Fachtagung in Düsseldorf vorgestellt werden. Um den Wald als Naturerbe zu erhalten und als Produktionsstätte für den nachwachsenden Rohstoff Holz zu nutzen, brauche es "stabile Waldökosysteme", sagte Heinen-Esser.

Nabu gegen Anbau fremdländischer Baumarten

Kritik an dem geplanten Waldbaukonzept kam vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Mit dem darin empfohlenen Anbau von Douglasien und Küstentannen stelle das Land die Weichen falsch, bemängelte der nordrhein-westfälische Nabu-Landesvorsitzende Josef Tumbrinck am 21. November in Düsseldorf. "Wer glaubt, dass man den Wald für den Klimawandel vorbereitet, indem man die Fichte durch andere Nadelhölzer aus Übersee ersetzt, sucht eine zu einfache Lösung für ein vielschichtiges Problem."

Das Waldbaukonzept berücksichtige einseitig die Profitinteressen der Forstwirtschaft, kritisierte Tumbrinck weiter. Die größte Widerstandsfähigkeit gegen Einflüsse von außen und die größte Fähigkeit zur Regeneration nach Schäden hätten vielmehr intakte Ökosysteme wie naturnahe Waldgesellschaften. Der Nabu forderte, den Anbau fremdländischer Baumarten in Naturschutzgebieten zu verbieten und im Wirtschaftswald zu reduzieren.