Die Zahl der Wohnungslosen steigt, dabei sind auch immer mehr Frauen betroffen. Frauen seien in der Wohnungslosenhilfe "nicht mehr länger ein Randthema", sagte Christian Heine-Göttelmann, Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL), am 8. November in Düsseldorf. Notwendig seien deshalb mehr spezielle Hilfsangebote: "Wir brauchen dringend mehr Notübernachtungsstellen, Wohnhilfen und Beratungsangebote an Rhein und Ruhr, die sich gezielt an Frauen richten."

2017 waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes 32.286 Menschen in Nordrhein-Westfalen als wohnungslos gemeldet, 28,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Ein Drittel davon (9.524) waren weiblich. "Jede Frau in NRW sollte im Umkreis von 25 Kilometern ihres Lebensumfeldes ein auf sie zugeschnittenes Hilfsangebot finden", forderte Heine-Göttelmann. "Hilfe nach Kassenlage" dürfe es nicht länger geben. "Wir können die Frauen, die in Not sind, nicht einfach sich selbst überlassen", so der Diakonie-Experte weiter.

Dunkelziffer

In der Vergangenheit seien Frauen in der Wohnungslosenhilfe eher selten aufgetaucht, sagte Roland Meier vom Fachverband Wohnungslosenhilfe bei der Diakonie RWL. Häufig seien Frauen, die ihre Wohnung verlieren, als "Gäste" bei Freundinnen, Freunden, Partnern oder Bekannten eingezogen - "oft gegen sexuelle, pflegerische oder hauswirtschaftliche Gegenleistungen". Angesichts der dramatischen Situation auf dem Wohnungsmarkt fragten in den letzten Jahren Frauen aber vermehrt nach Hilfe in institutionellen Unterkünften.

In den männerdominierten Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und gemischtgeschlechtlichen Beratungsstellen fühlten sich Frauen aber häufig unwohl, erklärte Stefanie Volkenandt, die in Düsseldorf die Diakonie-Einrichtung "Icklack - Wohnen für Frauen" leitet. Das zeige auch eine aktuelle Studie der Hochschule Düsseldorf, für die in den rund 260 Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe der Diakonie RWL erstmals wohnungslose Frauen und Mitarbeiterinnen befragt worden waren.

Oft Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch

Danach haben etwa 42 Prozent der wohnungslosen Frauen Gewalt und sexuellen Missbrauch erfahren und möchten aus diesem Grund nicht zusammen mit Männern untergebracht werden. Die Frauen wünschten sich eine entsprechende Privat- und Intimsphäre in den Einrichtungen, die auch die Belange der körperlichen Hygiene, eine medizinische Versorgung und Waschmöglichkeiten für Kleidung berücksichtigt. Die befragten Mitarbeiterinnen beklagten, dass vor allem im ländlichen Raum und in kleineren Städten Notübernachtungsstellen für Frauen sowie auch frauenspezifische Wohnangebote und Beratungsstellen fehlten.

Die Diakonie forderte deshalb am 8. November den flächendeckenden Ausbau dieser Angebote. Hier seien die Kommunen, aber auch das Land NRW in der Pflicht, betonte Heine-Göttelmann. Die schwarz-gelbe Landesregierung müsse die Städte und Gemeinden dabei unterstützen, "einheitliche Standards in der Notfallhilfe zu schaffen und für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen", so dass von Wohnungslosigkeit betroffene Frauen schneller eine geeignete Wohnung finden.

Meier versicherte, auch die Diakonie werde alles tun, "damit sich die Situation für von Wohnungslosigkeit betroffene Frauen bessert". Auch die eigenen Hilfen würden überprüft "und so gestaltet, dass Frauen bei uns den Schutz finden, den sie brauchen". Die Diakonie RWL unterhält 41 stationäre Einrichtungen für Wohnungslose, davon fünf für Frauen. Zudem gibt es noch 31 Notschlafstätten der Diakonie, von denen sechs ausschließlich Frauen vorbehalten sind.