Der Bielefelder Staatskundler Christoph Gusy hält eine Beobachtung der AfD in den drei ostdeutschen Ländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt für dringend geboten. Dort gebe es Anzeichen für eine Fraternisierung der Partei mit verfassungsfeindlichen Gruppen wie "Pegida" oder mit NPD-Mitgliedern, sagte Gusy dem Evangelischen Pressedienst (epd). In den drei Bundesländern sei die gesellschaftliche Mitte "nicht so stark und stabil" wie in manchen westdeutschen Regionen. Dort drohe die Gefahr, dass die Erosion am rechten Rand der Gesellschaft die Mitte erfasse.

"Gefahr der Erosion am rechten Rand"

Zudem exponierten sich einige der Führungspersönlichkeiten in der AfD der drei ostdeutschen Länder als verfassungsfeindlich, sagte Gusy. Es gehe deshalb nicht mehr nur um einzelne Mitglieder, sondern um die regionalen Organisationen und deren Vernetzung mit verfassungsfeindlichen Organen.

Forderungen nach einer Beobachtung der AfD insgesamt lehnte der Professor für Öffentliches Recht, Staatslehre und Verfassungsgeschichte der Universität Bielefeld jedoch ab. Es gehe nicht darum, die gesamte AfD und ihre Wähler in die verfassungsfeindliche Ecke zu stellen. Vielmehr müsse die Gesellschaft mit den moderaten Kräften innerhalb der Partei ins Gespräch kommen. "Da hilft der Verfassungsschutz gar nicht", sagte Gusy.

Die Debatte über eine vollständige oder teilweise Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ist nach den jüngsten rechten Demonstrationen in Chemnitz wieder entbrannt. Die Bundesregierung blieb am 3. September bei ihrer skeptischen Haltung gegenüber den Forderungen nach Beobachtung. Aus ihrer Sicht liegen die Voraussetzungen dafür nicht vor. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sprach sich hingegen ebenfalls für eine Beobachtung von Teilen der Partei aus.

Ob einzelne AfD-Politiker beobachtet werden, ließ das Bundesinnenministerium offen. Eine epd-Umfrage unter den Innenministerien der Länder Anfang des Jahres hatte ergeben, dass einzelne Mitglieder im Visier der Verfassungsschützer stehen. Bremen und Niedersachsen lassen zudem als erste Bundesländer die Nachwuchsorganisation der AfD, die Junge Alternative, vom Verfassungsschutz beobachten, wie am 3. September bekannt wurde.