Jerusalem (epd). Der nordrhein-westfälische Parlamentspräsident André Kuper (CDU) hat zum Abschluss seines Israel-Besuchs dazu aufgerufen, mehr denn je für den Erhalt der Demokratie zu kämpfen. Der wachsende Antisemitismus sei ein Angriff auf die Demokratie und alle Freiheitsrechte, sagte Kuper am 6. September in der Knesset, dem israelischen Parlament, in Jerusalem. Kuper sprach dort mit dem Vorsitzenden der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe Israel-Deutschland, Nachman Shai von der oppositionellen Arbeitspartei Awoda, die der Zionistischen Union angehört, einem Mitte-Links-Parteienbündnis.
Aufruf zur Verteidigung der Demokratie
Shai warnte davor, die Augen vor Antisemitismus zu verschließen. Die Demokratie müsse gegen Feinde von innen und außen verteidigt werden, sagte er. Der 71-jährige Abgeordnete zeigte sich besorgt über einen "wachsenden Rechtstrend", der in Europa, aber auch weltweit zu beobachten sei. Auch die israelische Politik sei in den letzten Jahrzehnten nach rechts gerückt, beklagte Shai und kritisierte insbesondere die Politik von Regierungschef Benjamin Netanjahu gegenüber den Palästinensern.
"Wir müssen aufhören, über das Leben von Millionen Palästinensern zu bestimmen", sagte er. Es dürfe für Israel nicht darum gehen, die Araber zu beherrschen. Die derzeitige Politik zerstöre demokratische Werte und rücke eine Friedenslösung in immer weitere Ferne, statt ihr näherzukommen. Eine Zwei-Staaten-Lösung sei für Israel die einzige Möglichkeit, zu einer Lösung des Konflikts mit den Palästinensern zu kommen. Wenn dies nicht gelinge, drohe "eine Katastrophe". Allerdings sehe er derzeit auch er nicht, wer auf palästinensischer Seite eine solche Friedensregelung aushandeln könne, räumte Shai ein.
Abraham Lehrer, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, äußerte sich ebenfalls besorgt über Antisemitismus und Populismus. "Es muss uns gelingen, junge Leute zu impfen, dass sie den Rattenfängern nicht mehr auf den Leim gehen", sagte er.
Anlass der viertägigen Israel-Visite Kupers war der 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Der Besuch habe die Freundschaft beider Länder unterstreichen und die Zusammenarbeit vertiefen sollen, sagte der NRW-Parlamentspräsident. Beim Besuch mehrerer Projekte sei es zudem darum gegangen, die humanitäre und soziale Seite Israels besser kennenzulernen. Zu der Delegation gehörten der Vorsitzende der Parlamentariergruppe Israel im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer (SPD), der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, und die Generalsekretärin der Union Progressiver Juden, Irith Michelsohn.