Die Spitzen des Landes Nordrhein-Westfalen haben am 5. September in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem der sechs Millionen ermordeten Juden gedacht. Ministerpräsident Armin Laschet und Landtagspräsident André Kuper (beide CDU) legten in der "Halle der Erinnerung" gemeinsam einen Kranz für die Opfer des Nationalsozialismus nieder. Zuvor hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das Engagement gegen Antisemitismus in Deutschland gewürdigt. Israelische Gesprächspartner mahnten zugleich ein stärkeres Engagement gegen zunehmenden Nationalismus und Populismus an.

Netanjahu habe erfreut auf die Ankündigung des Landes Nordrhein-Westfalen reagiert, eine eigene Präsenz in Israel zu errichten, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Mittwoch nach einem Treffen mit Netanjahu in Jerusalem. In der rund anderthalbstündigen Unterredung - der ersten eines NRW-Regierungschef mit einem israelischen Premier - sei es vor allem um die künftige Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft und Wissenschaft sowie um den Konflikt mit den Palästinensern gegangen.

Sorge über Nationalismus

Netanjahu habe "unabhängig von der geschichtlichen Last des Holocaust" darauf gedrungen, dass Deutschland und Israel in wichtigen Zukunftsfragen enger kooperieren, sagte Laschet. Der israelische Ministerpräsident begrüßte nach Laschets Worten auch, dass NRW in Erinnerung an den israelischen Staatsgründer David Ben Gurion künftig ein "David Ben Gurion Memorial Stipendium" vergibt, für das jetzt die Bewerbungsphase startet.

Besorgt über "das Wachsen von Nationalismus und Populismus in Israel, in Deutschland und überall auf der Welt" äußerte sich der Präsident der Weltunion für Progressives Judentum (WUPJ), Daniel Freelander. Deshalb sei die Stimme des liberalen Judentums wichtig, das sich für Offenheit, Demokratie und Pluralismus einsetze, sagte er im Gespräch mit Kuper.

Der Abteilungsleiter im israelischen Geheimdienstministerium, Arye Shalicar, rief Deutschland auf, noch mehr gegen Antisemitismus zu tun. Es reiche nicht aus, Antisemitismus-Beauftragte im Bund und in den Ländern zu berufen. Nötig sei mehr Jugendaustausch. Kritik äußerte der frühere Armeesprecher am Israel-Bild einiger deutscher Medien, die nicht ausgewogen berichteten.

Bereits vor ihrem Israel-Besuch hatten Laschet und Kuper dazu aufgerufen, die Erinnerung an die Schoah wachzuhalten und Antisemitismus zu bekämpfen. Laschet stellte in Aussicht, dass NRW "sehr bald" einen Antisemitismus-Beauftragten berufen werde.

Schulbücher prüfen

Der CDU-Politiker will nach entsprechenden Hinweisen des Zentralrats der Juden in Deutschland zudem Schulbücher auf etwaige judenfeindliche Inhalte überprüfen lassen. Die Kritik müsse ernst genommen werden, dass in Schulbüchern zum Teil antisemitische Ressentiments verbreitet würden. Beim nächsten Treffen des Kabinetts mit den jüdischen Landesverbänden wolle er die Überarbeitung der Schulbücher auf die Tagesordnung setzen.

Am 5. September wollte Laschet auch Israels Staatspräsidenten Reuven Rivlin und Oppositionsführerin Tzipi Livni treffen. Landtagspräsident Kuper besucht zum Abschluss seiner viertägigen Israel-Visite am Donnerstag das israelische Parlament, die Knesset. Zu Kupers Delegation gehören unter anderen der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, und die Generalsekretärin der Union Progressiver Juden, Irith Michelsohn. Anlass der Besuche ist der 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels in diesem Jahr.