Nach dem gewaltsamen Tod eines 22-jährigen Deutschen im sachsen-anhaltischen Köthen haben Vertreter aus Politik und Kirche Besonnenheit angemahnt. Die Zivilgesellschaft sei aufgerufen, sich durch die Gewalttat nicht instrumentalisieren zu lassen, sagte der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, am Abend des 9. September dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zugleich betonte er, dass die Köthener Stadtbevölkerung um den jungen Mann trauere. "Die Stimmung ist gedrückt", sagte der Kirchenpräsident.

Nach dem Tod des 22-Jährigen blieb es bei Demonstrationen am Abend des 9. September in der sachsen-anhaltischen Stadt friedlich. Die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" (online) berichtete unter Berufung auf die Polizei von etwa 2.500 Teilnehmern bei einem Trauermarsch durch die Stadt. Mobilisiert hatten dafür auch Rechtsextreme aus ganz Mitteldeutschland, hieß es.

Der junge Mann war in der Nacht vom 8. auf den 9. Septeber nach einem Streit mit zwei Afghanen an Herzversagen gestorben. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft in der Nacht zum 9. September mitteilten, erließ das Amtsgericht Dessau-Roßlau Untersuchungshaftbefehl gegen die beiden an dem Streit beteiligten Afghanen. Gegen die 18- und 22-jährigen Tatverdächtigen werde wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Beide befänden sich in Untersuchungshaft, die Ermittlungen dauerten an.

Hunderte bei Trauerandacht in Jakobskirche

Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) betonte am Wochenende: "Der tragische Tod des jungen Mannes geht mir sehr nahe und ich bedauere das Geschehene zutiefst." Der Minister sprach den Hinterbliebenen sein aufrichtig empfundenes Mitleid aus. Weiter erklärte der Innenminister, dass die Ermittlungen zu den Geschehnissen in enger Abstimmung mit Justiz und Polizei liefen. "Ich habe vollstes Verständnis für die Betroffenheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Dennoch bitte ich um Besonnenheit", betonte Stahlknecht. Alle Mittel des Staates würden konsequent eingesetzt.

"Unsere Gebete und Gedanken sind bei dem Opfer und seinen Angehörigen", sagte Kirchenpräsident Liebig. Zugleich rief er zu Besonnenheit auf: "Das schreckliche Ereignis muss mit Umsicht aufgeklärt werden. Jede politische Instrumentalisierung ist abzulehnen und würde zu einer Eskalation führen, die schreckliche Folgen haben könnte." Die Landeskirche Anhalts und die Köthener Kirchengemeinden hatten kurzfristig für den 9. September zu einer Trauerandacht in die Köthener St.-Jakobskirche eingeladen, an der mehrere hundert Menschen teilnahmen. Mit minutenlangem Glockenläuten und Kerzen wurde des getöteten Mannes gedacht.

Liebig kündigte an, dass dem 10. September täglich um 17 Uhr Friedengebete in der Jakobskirche in Köthen stattfinden werden. Zudem wurden in der Kirche Spenden für die Familie des Todesopfers gesammelt. Angesichts der zu erwartenden Demonstrationen berichtete Liebig von einer erhöhten Polizeipräsenz in der Stadt. Niemand wolle, dass aus Köthen ein zweites Chemnitz werde, sagte Liebig mit Blick auf die teilweise gewaltsamen Ausschreitungen bei rechtsgerichteten Demonstrationen nach dem Tod eines 35-jährigen Deutschen in Chemnitz vor zwei Wochen.