Hannover (epd). Neue Wortschöpfungen wie "seehofern" und "neymaring" werden nach Ansicht des hannoverschen Linguistikprofessors Peter Schlobinski kaum in den allgemeinen Sprachgebrauch eingehen. Diese Begriffe stünden für singuläre politische und öffentliche Handlungen, sagte Schlobinski dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zumeist würden sie von Journalisten oder Bloggern erfunden, um pointiert bis satirisch etwas darzustellen. Über die sozialen Medien breiteten sie sich dann aus. "Das ist ein Hype, der so schnell er entsteht, auch wieder abflaut."
Internetnutzer hatten jüngst das Verb "seehofern" in Anspielung auf die Politik von Innenminister Horst Seehofer (CSU) verbreitet. Sie hatten für Spott im Internet gesorgt, in dem sie es unter anderem mit "permanent zunehmenden populistischen Drohungen und Forderungen bei gleichzeitigem Nicht-Handeln" gleichsetzten und eine Aufnahme in den "Duden" forderten. Fußballfans veralberten mit "neymaring" den brasilianischen Fußballstar Neymar für seinen übertrieben zur Schau gestellten Schmerz beim WM-Spiel gegen Serbien.
Solche Trendworte entstünden heute schnell, sagte Schlobinski, Professor für germanistische Linguistik an der Leibniz Universität Hannover. Von Personennamen abgeleitete Adjektive, Substantive und auch Verben gebe es allerdings bereits seit langem. Beispiele seien "röntgen" nach dem Physiker Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923) oder napoleonisch. Bekannt aus neuerer Zeit sei etwa "riestern" für die nach dem früheren Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) benannte Altersversorgung. Diese Begriffe seien deshalb in den allgemeinen Gebrauch eingegangen, weil sie mit großen Ereignissen, Errungenschaften oder Vorhaben verbunden seien, die für viele Menschen von Bedeutung sind.
Wieder andere Wortschöpfungen seien dagegen nur in bestimmten Kreisen verbreitet, erläuterte Schlobinski, der auch Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache ist. So könnten sich Fußball-Liebhaber etwas unter "müllern" und einige philosophische Zirkel etwas unter "heideggern" vorstellen. Neuworte wie "guttenbergen" nach dem über eine Plagiataffäre gestolperten früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seien aber bereits fast wieder in Vergessenheit geraten. Gleiches gelte für den Ausdruck "einen Anrufbeantworter vollwulffen", der nach einem unbedachten Anruf des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff bei der "Bild"-Zeitung aufkam.