Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat sich mit sofortiger Wirkung von seinem Fernsehfilmchef Gebhard Henke getrennt. Grund seien glaubhafte Vorwürfe sexueller Belästigung und des Machtmissbrauchs, teilte der WDR am 14. Juni in Köln mit. "Aus Sicht des WDR besteht kein Vertrauensverhältnis mehr", erklärte der Sender. Henke kündigte an über seinen Anwalt an, gegen die Entscheidung seines Arbeitsgebers rechtlich vorzugehen.

Der WDR erklärte, in den vergangenen Wochen hätten mehr als zehn Frauen dem Sender über sexuelle Belästigung und unangemessenes Verhalten durch den bisherigen Leiter des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie berichtet, teils in Zusammenhang mit Machtmissbrauch. Das Unternehmen habe die entsprechenden Schilderungen sorgfältig geprüft und den Beschuldigten angehört. Henke habe die Vorwürfe erneut zurückgewiesen. "Im Ergebnis hielt der WDR die von den Frauen geschilderten Vorfälle für schwerwiegend und glaubhaft", hieß es. Henke, der in den vergangenen Wochen freigestellt war, war über seinen Anwalt selbst an die Öffentlichkeit gegangen und hatte von Anfang an die Vorwürfe bestritten.

Senderspitze unter Druck

Der Anwalt von Henke, Peter Raue, erklärte in Berlin, der WDR habe "keine zur fristlosen Kündigung berechtigenden Vorfälle genannt". Bekannte Vorwürfe seien wiederholt worden, diese habe Henke bestritten. Eine Reaktion auf diese Erwiderung sei vonseiten des WDR nicht erfolgt. "Die 'Antwort' ist lediglich die fristlose Kündigung", erklärte Raue.

Seit Anfang April hatten verschiedene Medien über mutmaßliche Fälle sexueller Belästigung durch verschiedene WDR-Mitarbeiter berichtet, die in manchen Fällen mehrere Jahrzehnte zurückliegen sollen. Der WDR untersucht derzeit die Vorwürfe gegen seine Mitarbeiter.

Dem Sender wird zudem vorgehalten, Führungskräfte hätten Hinweise auf mögliche Belästigungen in den vergangenen Jahren nicht ausreichend ernst genommen. Ende April hatte der öffentlich-rechtliche Sender die frühere EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies als externe Gutachterin eingeschaltet. Sie soll den Umgang der Senderspitze mit den Vorwürfen im Haus überprüfen.