Trotz Zeitungskrise, dem Vorwurf der Lügenpresse und Fake News beurteilen Medienpolitiker, Verleger und Chefredakteure die Zukunft des Qualitätsjournalismus verhalten optimistisch. Auf der Wochenend-Tagung des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing zum Thema "Medien im Wandel - Medien in der Krise" wurden als Voraussetzung dafür eine Regulierung des Internets, insbesondere der großen Social-Media-Plattformen, und eine Rückbesinnung auf journalistische Standards genannt.

Bei einer Podiumsdiskussion am 17. Juni regte CSU-Generalsekretär Markus Blume eine umfassende und starke Medienordnung an, die auch für die großen Plattformen gelten müsse. Diese Plattformen, wie etwa Facebook, gestalteten "hochgradig die Öffentlichkeit mit und müssen es sich deshalb gefallen lassen", sagte er.

Nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD), die die Medienpolitik der Bundsländer koordiniert, muss eine gute Medienpolitik Zugang gewährleisten, für Vielfalt sorgen, Gefahr des Missbrauchs minimieren und die Unabhängigkeit der Medien wahren. Der nächste Rundfunkstaatsvertrag sei in Planung und solle auch die neuen Medien, insbesondere die Social-Media-Plattformen, berücksichtigen.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey erklärte, die Plattformen seien Monopole, "die weder dem Pluralismus dienen noch den Grundlagen eines wettbewerbs-orientierten Kapitalismus entsprechen". Der Journalismus müsse akzeptieren, dass er durch diese Plattformen seine ursprüngliche Rolle verloren habe, Informationen zu liefern und als eine Art "Torwächter" zu gewährleisten, dass keine menschenunwürdigen Inhalte und Darstellungen verbreitet werden. Es gebe momentan jedoch keine Alternative zu den sozialen Plattformen, weil nur diese einen Großteil der jüngeren Menschen erreichten.

Nach Überzeugung von Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, nimmt die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft zu. Angesichts der Informationsflut und vieler Falschmeldungen im Internet falle es dem Nutzer immer schwerer, relevante Inhalte herauszufiltern. Die Öffentlich-Rechtlichen böten hingegen mit ihrem ausgewogenen Qualitätsjournalismus die Grundlage für den öffentlichen Diskurs.

Mascolo empfiehlt Entschleunigung

An die Adresse seiner journalistischen Kollegen richtete Georg Mascolo den Appell, statt auf Hektik und Aufgeregtheit stärker auf Entschleunigung zu setzen. Der Journalismus sei keine Jagd, sondern müsse ein "Ort der Mäßigung und des zweiten Gedankens ein", sagte der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung". Beschleunigung sei in vielen Teilen der Gesellschaft ein Fortschritt, die "Beschleunigung des Urteils" gehöre aber nicht dazu.

Auch in Zukunft ist die Regionalzeitung nach Überzeugung der Verlegerin der "Augsburger Allgemeinen", Alexandra Holland, kein Auslaufmodell. Sie sei für die Leser ein "Marktplatz", auf dem sie finden, was sie in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft beschäftigt. Die Zeitung müsse deswegen noch näher ran an die Menschen und mit ihnen in partnerschaftlichen Dialog treten.

Die Herbsttagung im November soll sich mit dem Thema "Streit um Heimat" befassen, wie der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse als Leiter des Politischen Clubs ankündigte.