Die umstrittene Netanjahu-Karikatur in der "Süddeutschen Zeitung" vom 15. Mai stellt nach Ansicht des Deutschen Presserates keinen Verstoß gegen den Pressekodex dar. Die Grenze zur Diskriminierung von Juden nach Ziffer 12 Pressekodex sei nicht überschritten, teilte der Presserat am 13. Juni in Berlin mit.

"Die Gesichtszüge des israelischen Premierministers sind zwar überzeichnet, im Rahmen der Meinungsfreiheit ist dies aber zulässig", entschied das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle der Presse mehrheitlich. Ziffer 12 Pressekodex lautet: "Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden."

Die Karikatur des Zeichners Dieter Hanitzsch zeigt den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Gestalt der israelischen Sängerin Netta, die den Eurovision Song Contest im Mai diesen Jahres gewonnen hatte. Netanjahu ist mit großer Nase und mit überdimensionierten Ohren abgebildet. In der Hand hält er eine Rakete, auf der ein Davidstern zu sehen ist, über seinem Kopf erscheint eine Sprechblase mit dem Satz: "Nächstes Jahr in Jerusalem!"

SZ kündigte Zusammenarbeit

Nach Kritik an der Zeichnung hat sich die Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung" für die Karikatur entschuldigt und die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Hanitzsch beendet. Der Zeichner sieht darin eine "Überreaktion" und hat den Vorwurf des Antisemitismus zurückgewiesen.

Die Karikatur sei im zuständigen Ausschuss gründlich erörtert worden, teilte der Presserat mit. Demnach kritisierten einige Mitglieder eine stereotype Bildsprache und hielten die Beschwerden für begründet. Acht Leser hätten sich beim Presserat beschwert. Unter anderem fühlten sie sich laut Presserat an Zeichnungen aus dem Wochenblatt "Der Stürmer" der Nationalsozialisten erinnert. Jede Person kann sich beim Presserat über journalistische Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften und deren Online-Auftritte beschweren und presseethisch prüfen lassen.