Die Ministerpräsidenten wollen die Regeln für die Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender ändern. Die Neufassung des Telemedienauftrags, auf die sich die Ministerpräsidenten geeinigt haben, sei "ein echter Kompromiss" im Hinblick auf die publizistischen Interessen und Bedürfnisse der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf der einen Seite und die Interessen der Presse auf der anderen Seite, sagte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) am 14. Juni nach Beratungen der Länderchefs in Berlin.

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), sprach von einem "historischen Moment in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland". Während die Verweildauern von Sendungen in den Online-Mediatheken nun gelockert werden sollen, werden die Textinhalte der Öffentlich-Rechtlichen im Netz stärker eingeschränkt.

Im Gesetz soll den Sendern unter anderem vorgeschrieben werden, dass die Online-Angebote ihren Schwerpunkt in Bewegtbild und Ton haben sollen, "um sich von den Angeboten der Presseverlage zu unterscheiden". Wörtlich heißt es in dem von den Ministerpräsidenten beschlossenen Entwurf: "Die Telemedienangebote dürfen nicht presseähnlich sein." Die Formulierungen im Rundfunkstaatsvertrag waren zuvor mit den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) abgestimmt worden.

Presseähnlichkeit ist entscheidend

Der Intendant des Deutschlandradios, Stefan Raue, sagte, er fremdele zwar noch mit dem Begriff der Presseähnlichkeit, die Einigung zwischen den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender und den Verlegern sei jedoch "nahe an der journalistischen Praxis". Beide Seiten würden sich "die Möglichkeit einräumen, sich im Netz weiterzuentwickeln".

Zwischen Verlegern und öffentlich-rechtlichen Sendern gibt es seit Jahren juristische Auseinandersetzungen über die Online-Angebote von ARD und ZDF. Im Januar legte der NDR Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln zur "Tagesschau"-App ein. Das Gericht hatte im September 2016 entschieden, dass die "Tagesschau"-App vom 15. Juni 2011 zu sehr von Texten und Bildern bestimmt und damit "presseähnlich" gewesen sei.

Ministerpräsident Haseloff sagte, die Bundesländer hätten Interesse daran, dass "möglichst viele Anbieter da sind". Er verwies darauf, dass manche "ausländische Anbieter" versuchten zu manipulieren, und betonte: "Es gibt manchmal Phasen in der Geschichte, da merkt man, dass der Gegner ganz woanders steht." Deutschland brauche eine Medienlandschaft mit hoher Qualität und Verantwortungsbewusstsein.

Schlichtungsstelle wird eingerichtet

Der neue Rundfunkstaatsvertrag sieht unter anderem vor, dass die Rundfunkanstalten und die Verlegerverbände eine Schlichtungsstelle einrichten sollen, die in Streitfällen prüft, ob die Online-Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio den Regeln entsprechen. BDZV-Präsident Mathias Döpfner und der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm kündigten an, dass sie sich persönlich in dieser Schlichtungsstelle engagieren wollen.

Er setze auf die "verhaltenssteuernde Wirkung der Schlichtungsstelle", sagte Döpfner. Er sei froh, dass im Rundfunkstaatsvertrag nun klar festgelegt sei, dass die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender nicht presseähnlich sein dürfen. Dafür seien die Verleger bereit gewesen, auf Vorgaben zu Textmengen zu verzichten. Die "textdominierte Gestalt der öffentlich-rechtlichen Angebote" habe es den Verlegern schwergemacht, Bezahlinhalte im Netz durchzusetzen.

Die Sprecherin für Netzpolitik der Grünen-Fraktion im Bundestag, Tabea Rößner, kritisierte die Vorhaben als "rückwärtsgewandt, wenn nicht sogar verfassungswidrig", da in den "Kernbereich der Programmautonomie" eingegriffen werde. Der Vize-Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, kritisierte, dass das Verbot der Presseähnlichkeit "sogar verschärft" worden sei. Hans Demmel, Vorstandsvorsitzender von VAUNET - Verband Privater Medien und Geschäftsführer von n-tv, forderte für die weitere Gestaltung der dualen Medienordnung eine Strukturkommission unter Beteiligung aller Marktteilnehmer, auch der privaten Rundfunkanbieter.