Die Sozialverbände in Nordrhein-Westfalen machen gemeinsam Front gegen die geplante neue Landesbauverordnung. Der vorliegende Gesetzentwurf zur Modernisierung des Baurechts sei für die Barrierefreiheit ein Rückschritt und fördere die Diskriminierung behinderter Menschen, heißt es in einer am 23. April in Düsseldorf veröffentlichten gemeinsamen Erklärung des Sozialverbands VdK, des Sozialverbands Deutschland (SoVD) in NRW und des Landesverbands "Interessenvertretung Selbstbestimmtes Leben" NRW.

Zu wenig Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer

Die Sozialverbände rügten vor allem eine weiterhin fehlende Kopplung barrierefreier Wohnungen an einen entsprechenden barrierefreien Zugang. Zwar sollen laut Gesetzentwurf alle neuen Wohnungsgebäude ab sieben Meter Höhe barrierefrei sein. Doch erst ab Bauten mit mindestens sechs statt bislang fünf Stockwerken soll es nun barrierefrei zugängliche Aufzüge geben. Das sei ebenso "absurd" wie das Manko, für die dringend nötige Schaffung von Wohnraum für Rollstuhlfahrer keine rechtlich verbindliche Mindestzahl mehr vorzugeben, kritisierten die Verbände. Für öffentliche Gebäude sei Barrierefreiheit zudem unverbindlich nur "im erforderlichen Umfang" vorgesehen.

Der Gesetzentwurf sei nicht zuletzt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung bedauerlich, warnten die Sozialverbände. Schon heute sei jeder fünfte Einwohner in NRW 65 Jahre oder älter. Bis 2036 nehme die Zahl der Senioren noch einmal um ein Drittel zu. Auch weil die meisten Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben möchten, müssten entsprechende Lösungen für mehr Barrierefreiheit gefunden werden. Hinzu komme, dass auch die Eltern von über 500.000 Kleinkindern in NRW barrierefreie Wohnungen mit Aufzügen benötigten, um Kinderwagen und Buggys nutzen zu können.

"Baupolitik ist ein Stück Sozialpolitik"

"Baupolitik ist und bleibt ein Stück Sozialpolitik", betonte der Vorsitzende des VdK NRW, Horst Vöge. Doch offenbar habe das "starrsinnige Beharren auf wirtschaftlichen Interessen" Vorrang. Dabei sind nach Berechnungen der Sozialverbände die Baukosten für barrierefreie Wohnungen nur unwesentlich um bis zu ein Prozent höher.

Entsprechend fordern die Sozialverbände das Land zur Nachbesserung des Gesetzes auf. Demnach sollen alle Wohnungsneubauten wie auch alle neuen öffentlich zugänglichen Gebäude generell barrierefrei sein. Zudem solle es eine Regelung für den nachträglichen Einbau von Treppenliften in Bestandswohnungen geben, erklärten sie. Ansonsten seien viele Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Alter zum Verlassen ihrer Wohnungen gezwungen. "Menschen mit Behinderung haben dieselben Rechte wie alle anderen auch", machte der NRW-Landesvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Franz Schrewe, deutlich.