Ein Zeichen gegen Judenhass: in mehreren deutschen Städten sind am 25. April Menschen gegen Antisemitismus auf die Straße gegangen. Viele trugen dabei die jüdische Kopfbedeckung. In der Hauptstadt folgten laut Polizei rund 2.500 Menschen dem Aufruf der Jüdischen Gemeinde "Berlin trägt Kippa". Eine Solidaritätsaktion gab es auch in Köln mit rund 1.000 Teilnehmern. In Erfurt zogen rund 300 Menschen von der Krämerbrücke zur Neuen Synagoge der Landeshauptstadt.

"Kippa Colonia" vorm Dom

In Köln hatten sich die Demonstranten zur Kundgebung "Kippa Colonia" vor dem Kölner Dom versammelt. Felix Schotland vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln sagte: "Es reicht, dass jüdische Kinder in Schulen gemobbt werden." Er rief dazu auf, nicht zu schweigen, sondern gemeinsam gegen Ausgrenzung zu kämpfen. Auch dürfe Antisemitismus in Deutschland unter dem Deckmantel von Israelkritik nicht hingenommen werden, mahnte er.

In Potsdam versammelten sich nach einem "Gedenkweg" rund 250 Menschen zu einem Friedensgebet am Brandenburger Tor. In Magdeburg trafen sich am Mahnmal der 1938 zerstörten Synagoge laut Veranstalter rund 100 Menschen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

Auslöser der Kundgebungen war der gewalttätige Übergriff auf zwei Kippa tragende Männer am 17. April in Berlin-Prenzlauer Berg. Tatverdächtig ist ein 19-jähriger syrischer Flüchtling, der sich inzwischen in Untersuchungshaft befindet.

"100 Prozent Respekt"

Vor dem Haus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin forderte der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster, ein Ende falsch verstandener Toleranz und "100 Prozent Respekt für Juden, für Muslime, für Ausländer, für Homosexuelle und für alle Hautfarben". "Wer sich den Spielregeln widersetzt, die unser Grundgesetz festlegt, der darf nicht mit Toleranz rechnen."

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, mahnte: Juden, Christen, Muslime und Atheisten müssten sich gemeinsam dem Hass entgegenstellen. Juden müssten aufpassen, das sie nicht gezwungen seien, nur noch jüdische Schulen besuchen zu können.

Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge sagte, die Gesellschaft müsse noch viel sensibler werden gegenüber jeder Form der Judenfeindschaft. Die fast täglichen Berichte über Anfeindungen gegen und Übergriffe auf Juden hierzulande erfülle die Evangelische Kirche in Deutschland mit Sorge und Scham. "Als Christinnen und Christen stehen wir uneingeschränkt an der Seite unserer jüdischen Geschwister." Christlicher Glaube und Judenfeindschaft schlössen einander aus.

"Starkes Signal"

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) dankte der Jüdischen Gemeinde für die Kundgebung. Es sei ein starkes Signal und mache klar, "Antisemitismus hat bei uns keinen Platz", die demokratischen Werte seien nicht verhandelbar. Unter den Teilnehmern der Kundgebung waren auch zahlreiche Vertreter der Bundespolitik und Kirchenvertreter sowie der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), erklärte mit Blick auf den Antisemitismus unter muslimischen Einwanderern, "diejenigen, die in dieses Land kommen und hier leben wollen, müssen das wissen: Wir akzeptieren keinen Antisemitismus in diesem Land." Dabei bestätigte er auch einen Vorfall auf dem Hermannplatz in Berlin-Neukölln. Dabei soll eine Demonstration gegen Antisemitismus massiv gestört worden sein. Die Polizei sprach dagegen von lediglich drei Teilnehmer, die von sich aus die Kundgebung nach 40 Minuten beendet hätten.

Bereits vor den Kundgebungen hatten mehrere Bundesminister ihre Unterstützung bekundet. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwoch): "Wenn junge Männer bei uns bedroht werden, nur weil sie eine Kippa tragen, müssen wir deutlich machen: Sie sind nicht allein." Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte: "Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland sicher leben können - das ist nicht verhandelbar." Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erklärte in Berlin, Juden dürften nie wieder Angst haben müssen, sich in Deutschland zu erkennen zu geben.