Düsseldorf (epd). Der Weg zum Abitur wird in Nordrhein-Westfalen länger: Die gymnasiale Schulzeit umfasst ab dem Schuljahr 2019/2020 wieder neun Jahre. Den entsprechenden Gesetzentwurf beschloss die schwarz-gelbe Landesregierung auf einer Kabinettssitzung am 6. März in Düsseldorf. Der Landtag soll das Gesetz nach dem Willen von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) noch vor den Sommerferien verabschieden.
Die Umstellung soll dann zum übernächsten Schuljahr 2019/20 mit den Klassen 5 und 6 erfolgen. Einzelne Gymnasien können sich nach den Plänen der Landesregierung entscheiden, bei der bisherigen achtjährigen Gymnasialzeit (G8) zu bleiben. Schulministerin Gebauer rechnet aber damit, dass rund 90 Prozent der Gymnasien die Rückkehr zu G9 einleiten werden.
Mit dem Gesetz könne noch vor der Sommerpause "ein Schlussstrich unter die jahrelange, oft emotionale Debatte" um die Schulzeit an den Gymnasien gezogen werden, betonte die Ministerin. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf biete eine gute Grundlage und sorge für Klarheit an den Schulen. Zugleich werde kein Gymnasium gezwungen, gegen den Willen der Beteiligten vor Ort zu G9 zurückzukehren, wenn dort G8 gut umgesetzt und breit akzeptiert sei, ergänzte Gebauer.
Mit der Rückkehr zu G9 kommen auf das Land hohe Kosten zu. So rechnet das Schulministerium mit einem Bedarf von zusätzlichen 2.200 Lehrerstellen. Dafür fallen allein pro Jahr 110 Millionen Euro an. Darüber hinaus brauchen die Schulen mehr Räume. Ein Gutachten soll den zu erwartenden Gesamtaufwand nun ermitteln, damit das Land einen Kostenausgleich mit den Städten und Gemeinden vereinbaren kann.
Die schulpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Sigrid Beer, kritisierte, das Land schicke die Kommunen mit Blick auf die Kosten in die Warteschleife. "Was kostet und wer bezahlt das alles, woher kommen die zusätzlichen Räume? Diese Fragen werden auch bis zur Verabschiedung des Gesetzes im Sommer nicht geklärt sein", sagte sie. Auch der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Jochen Ott, bezeichnete es als "nicht seriös" von CDU und FDP, ein Gesetz zu verabschieden, dessen Kosten noch nicht absehbar seien. "Die Kommunen werden sich damit nicht zufriedengeben", sagte Ott.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) NRW begrüßte die Abschaffung von G8. Zugleich warnte der Lehrerverband vor künftigen Lücken beim Übergang von Schülern der Real-, Sekundar- und Hauptschulen auf die gymnasiale Oberstufe.
Die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit auf acht Jahre, das sogenannte Turbo-Abitur, war zum Schuljahr 2008/2009 von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) eingeführt und von allen Parteien im Landtag unterstützt worden. In der Schulpraxis hagelte es jedoch regelmäßig Kritik von Lehrern und Eltern. NRW ist nicht das erste Bundesland, das wieder zu G9 zurückkehrt. Zuletzt hatte sich Bayern für eine Abkehr von G8 entschieden.