Rom (epd). Die ehemalige Seenotretterin Carola Rackete hat nach Auffassung des obersten italienischen Kassationshofs ihre Pflicht erfüllt, als sie die im vergangenen Juni von der "Sea Watch 3" geretteten Flüchtlinge ohne Genehmigung nach Lampedusa brachte. "Die Pflicht zur Hilfe erschöpft sich nicht im Akt, Schiffbrüchige der Gefahr zu entziehen ", betonten die Richter am 20. Februar in Rom. Vielmehr müssten die Geretteten überdies in einen sicheren Hafen gebracht werden, hieß es in ihrer Urteilsbegründung im Fall der deutschen Kapitänin.
Hintergrund ist das Berufungsverfahren der Staatsanwaltschaft Agrigent gegen die Freilassung Racketes im vergangenen Sommer. Nachdem der römische Kassationshof – die letzte Berufungsinstanz in Italien – das Vorgehen der ehemaligen Seenotretterin und damit ihre Entlassung aus dem Hausarrest bereits im Januar für rechtens erklärt hatte, veröffentlichte er nun die Urteilsbegründung.
Schiff der Finanzpolizei gerammt
Ende Juni vergangenen Jahres hatte sich Rackete nach tagelangem Tauziehen mit den italienischen Behörden über das Verbot hinweggesetzt, mit der "Sea-Watch 3" Lampedusa anzulaufen. Beim Anlegen im Hafen der italienischen Insel rammte sie ein Schiff der Finanzpolizei und wurde daraufhin im Hafen festgenommen und unter Hausarrest gestellt.
Die Untersuchungsrichterin in Racketes Fall hob den Hausarrest auf und schloss sich der Argumentation der Kapitänin an, nach der es oberste Priorität gehabt habe, die vor Libyen geretteten Flüchtlinge in einen sicheren Hafen zu bringen. Überdies sei das Boot der Finanzpolizei kein Kriegsschiff. Die Richter des Kassationshofes schlossen sich dieser Einschätzung an: Bei dem gerammten Boot der Finanzpolizei habe es sich nicht um ein Kriegsschiff gehandelt, da dieses nicht von einem Marineoffizier gesteuert wurde.