Erfurt/Marburg (epd). Etwa ein Viertel der evangelischen Kirchen in Mitteldeutschland sind das ganze Jahr über geschlossen, weil sie nicht mehr kirchlich genutzt werden. Auf dem Evangelischen Kirchbautag im September in Erfurt wollen rund 600 Architekten, Theologen, Künstler und interessierte Bürger diskutieren, was mit ihnen gemacht werden kann. "Die Kirchen sind alle renoviert. Aber eine Zukunft haben sie nur, wenn sie genutzt werden", sagte der Direktor des Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart an der Universität Marburg, Thomas Erne, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Das Thema des 29. Evangelischen Kirchbautages vom 19. bis 22. September in der thüringischen Landeshauptstadt lautet "Aufgeschlossen". Die Teilnehmer unternehmen unter anderem Exkursionen zu Kirchen, die aus einem Ideenwettbewerb zur Nutzung leerstehender Gebäude ausgewählt wurden. Veranstalter sind die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland und das EKD-Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst.
Jedes Dorf habe eine Kirche, jedoch oft keine Kirchengemeinde mehr, berichtete Erne. Er glaube aber, dass es in der Zivilgesellschaft genügend Leute gebe, die sich um die Gebäude kümmern würden. Eine Exkursion führt beispielsweise zur St. Annen-Kapelle in Krobitz im Saale-Orla-Kreis, für die der international bekannte Künstler Carsten Nicolai ein Kunstprojekt entwickelt hat. Drei bis vier zugezogene Familien kümmern sich Erne zufolge um die Kirche. "Man entdeckt plötzlich Leute, die was machen wollen."
Sicherlich könne man auch Gastronomen finden, die leerstehende Kirchen nutzen würden. Aber bisherige "Generallinie" sei, dass eine "Kirche noch als Kirche erscheinen" und dass sie "spirituell beatmet" werden müsse. Man wolle das Miteinander in den Ortschaften fördern und eine "Caring Community" anstoßen. Das könne auch eine Nutzung als Sozialkaufhaus beinhalten.
Das Problem ungenutzter Kirchen finde sich überall in der Bundesrepublik, Mitteldeutschland sei nur exemplarisch, fügte der Direktor des EKD-Kirchenbauinstituts hinzu. "Man kann viel lernen von den neuen Bundesländern, weil sie die Probleme schon länger haben."