Amnesty International hat den venezolanischen Sicherheitskräften exzessive Gewalt gegen die Zivilbevölkerung vorgeworfen. Die Behörden unter Nicolás Maduro versuchten, mit aller Härte soziale Kontrolle über jene zu erlangen, die einen Regierungswechsel fordern, erklärte Erika Guevara-Rosas, Amnesty-Direktorin für Amerika, in einer am 20. Februar veröffentlichten Stellungnahme. Die Gewalt sei bei den Protesten Ende Januar eskaliert. Dabei sei es auch zu außergerichtlichen Tötungen gekommen.

Vom 21. bis 25. Januar habe es zahlreiche Demonstrationen vor allem in armen Vierteln gegeben, schreibt Amnesty International in einer Untersuchung. In diesem Zeitraum seien mindestens 41 Menschen ums Leben gekommen - alle wegen Schussverletzungen. Mehr als 900 Menschen seien vorübergehend festgenommen worden. Allein am 23. Januar, einem Tag der landesweiten Proteste, wurden laut Amnesty 700 Menschen festgenommen.

Die Menschenrechtsorganisation berichtet von außergerichtlichen Hinrichtungen durch Polizei und Militär. Hauptsächlich hätten diese Erschießungen in ärmeren Vierteln stattgefunden, in denen die Kriminalitätsrate hoch ist. Bei sechs von Amnesty dokumentierten Fällen handelte es sich um junge Männer, die von den Behörden danach als Verbrecher dargestellt worden seien. "Wie wir schon viele Male in Venezuela gesehen haben, möchten die Behörden uns weismachen, dass diejenigen, die während der Proteste zu Tode gekommen sind - hauptsächlich junge Menschen aus Gegenden mit geringem Einkommen - Kriminelle waren", erklärte Guevara-Rosas: "Doch ihr einziges Verbrechen war, dass sie es wagten, eine Veränderung und ein Leben in Würde einzufordern."

Die Menschenrechtsorganisation prangert weiter die Inhaftierung von Minderjährigen an. Laut der venezolanischen Organisation "Foro Penal" wurden allein im Zeitraum vom 21. bis zum 31. Januar 137 Kinder und Jugendliche festgenommen. Bei vier untersuchten Inhaftierungen von Teenagern heißt es in dem Amnesty-Bericht: Die Jugendlichen seien acht Tage in einem sogenannten Rehabilitationszentrum für Minderjährige inhaftiert worden, wo ihnen die Haare geschoren worden seien und sie Parolen wie "Wir sind die Kinder von Hugo Chávez" hätten singen müssen.

In Venezuela tobt ein Machtkampf zwischen Präsident Nicolás Maduro und der Opposition. Parlamentspräsident Juan Guaidó rief sich am 23. Januar zum Übergangsstaatschef aus, inzwischen haben ihn mehr als 40 Länder anerkannt, darunter die USA und Kanada, viele lateinamerikanische Länder sowie zahlreiche EU-Staaten wie Deutschland, Frankreich und Spanien. Das Militär ist noch Maduros größter Machtfaktor.