Evangelische Kirchengemeinden müssen sich zunehmend mit der Schließung ungenutzter Kirchengebäude befassen. Das Problem leerstehender Gotteshäuser ist je nach Region unterschiedlich ausgeprägt, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den 20 Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ergab. In fast allen Landeskirchen mussten schon Kirchen aufgegeben werden.

Experten erwarten, dass sich die Zahl ungenutzter Kirchen in den nächsten Jahren weiter erhöhen wird. "Ich glaube, dass das Problem oft kleingeredet wird", sagte die Karlsruher Architekturprofessorin Kerstin Gothe dem epd. Durch die gute Steuersituation sei in vielen Landeskirchen der Druck gesunken, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Doch die sinkenden Mitgliederzahlen und Sparzwänge ließen erwarten, dass man zukünftig weniger Kirchenraum benötige. Daher sei es wichtig, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen.

Vor allem im Rheinland und im Ruhrgebiet mussten viele Kirchen schließen. Nach Angaben der Evangelischen Kirche im Rheinland, der zweitgrößten evangelischen Landeskirche, wurden in den Jahren zwischen 2008 und Ende 2018 rund 150 Kirchen entwidmet - ungefähr jede zehnte. Das ist der absolute Spitzenwert in ganz Deutschland. Die mitgliederstärkste Landeskirche der EKD, die Landeskirche Hannover, musste seit 2002 insgesamt 19 Kirchen verkaufen, vermieten oder abreißen lassen. Damit belegt sie unter den westlichen Landeskirchen Platz zwei.

Im Osten sind vor allem die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) betroffen. In der EKM werden 48 Kirchen nicht mehr genutzt, in der EKBO wurden in den vergangenen 25 Jahren 30 Kirchen abgegeben oder verkauft. Im Süden Deutschlands werden Kirchen seltener entwidmet. In der bayerischen Landeskirche, der drittgrößten der EKD, stehen derzeit nur drei Kirchen zum Verkauf. In Baden steht keine Kirche leer, in Württemberg wurden in den vergangenen 20 Jahren etwa zehn Kirchen aufgegeben. In der Nordkirche wurden seit 2012 neun Kirchen entwidmet, zugleich seien aber - etwa im Hamburger Umland - auch neue Kirchen gebaut worden.

Selten genutzte Dorfkirchen in ländlichen Regionen sind vor allem in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ein Problem. Die beiden Landeskirchen erstrecken sich über die östlichen Bundesländer Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg, wo es wenige Kirchenmitglieder gibt aber gleichzeitig einen großen Bestand an Gebäuden.

Die EKM besitzt etwa 4.000 Kirchen, das entspricht nach Angaben der Landeskirche knapp 20 Prozent aller Kirchengebäude in Deutschland. Wie viele davon überwiegend ungenutzt sind, lasse sich nicht beziffern. In der EKBO gibt es 2.000 Kirchen, davon 1.600 Dorfkirchen. 400 von ihnen werden alternativ genutzt, weil dort nicht regelmäßig ein Gottesdienst stattfindet. Auch die EKM und die Nordkirche planen alternative Nutzungen für Kirchen, die sonst überwiegend leer stehen würden.