Berlin (epd). Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum kirchlichen Arbeitsrecht sehen die evangelischen Landeskirchen in Ostdeutschland vorerst keinen Anlass für Änderungen ihrer Einstellungspraxis. Dies ergab eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in den Kirchenverwaltungen in Berlin, Dresden, Erfurt und Magdeburg sowie Dessau-Roßlau. Der EuGH in Luxemburg hatte im April entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber nicht pauschal und unbegründet eine Kirchenmitgliedschaft bei Bewerbern verlangen dürfen. (AZ: C-414/16)
Die überwiegende Mehrheit der Landeskirchen und ihrer Diakonien wollen zunächst die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) abwarten, an das der EuGH den Rechtsstreit zurückverwiesen hat. Das BAG-Urteil wird im Sommer erwartet.
In der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland werde ohnehin an einer Änderung der gültigen Loyalitätsverordnung gearbeitet, hieß es. Ob und wenn ja welche Auswirkungen die Entscheidung des EuGH auf dieses Verfahren hat, müsse nun juristisch überprüft werden. Dazu soll die Umsetzung durch das BAG abgewartet werden.
Auch in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) wird die EKD-Loyalitätsrichtlinie übernommen und nur in einzelnen Punkten für die Landeskirche konkretisiert. Erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung des BAG stelle sich die Frage nach nötigen Änderungen, hieß es aus dem Berliner Konsistorium. In der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens werden keine weitergehenden Konsequenzen durch das EuGH-Urteil erwartet.
In der Evangelischen Landeskirche Anhalts wurde die 2005 in Kraft getretene Loyalitätsrichtlinie der EKD als anhaltisches Kirchengesetz übernommen. Die neue Loyalitätsrichtlinie vom Dezember 2016 wird indes noch diskutiert. Die neue Landessynode, die sich im Mai konstituiert, werde sich damit befassen, hieß es.
Wie die epd-Umfrage weiter ergab, wird in den Landeskirchen von bestimmten Berufsgruppen die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche erwartet, etwa von Gemeindemitarbeitern in der Verkündigung, Kirchenmusikern und Küstern. Weil die Kirchenbindung in Ostdeutschland aber deutlich geringer ausfällt als in Westdeutschland, haben sich die hiesigen Landeskirchen und die nachgeordneten Bereiche ohnehin schon stärker für konfessionslose Mitarbeiter sowie für Mitarbeiter anderer Konfessionen und Religionen geöffnet. Dies gilt insbesondere für Bereiche, in denen viele Menschen betreut werden, die keiner christlichen Kirche angehören. Dazu gehören Pflegeheime, Kitas und die Jugendarbeit. Dabei erwarten Kirche und Diakonie von allen Mitarbeitern - auch jenen ohne Religionszugehörigkeit - die Achtung des christlichen Profils und des diakonischen Auftrags.
Bei der EKBO sind laut Konsistorialpräsident Jörg Antoine nur Mitglieder einer christlichen Kirche beschäftigt. Eine Statistik darüber, wie viele Mitarbeiter der evangelischen und wie viele einer anderen Kirche angehören, gebe es aber nicht.
Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Im Bereich der Landeskirche sei der Anteil der Nichtkirchenmitglieder unter den Beschäftigten "eher zu vernachlässigen". Anders sieht es bei der Diakonie Mitteldeutschland aus: So sind von den 30.000 Mitarbeitern mehr als die Hälfte (56 Prozent) konfessionslos. In der Gesamtbevölkerung Mitteldeutschlands liegt der Anteil der Konfessionslosen bei sogar 82 Prozent.
Im Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens liegt die Kirchenbindungsquote bei 25 Prozent. Im Verkündigungsdienst werde allerdings eine Kirchenmitgliedschaft erwartet. In Bereichen wie Kindergärten und evangelischen Schulen müsse die überwiegende Anzahl und vor allem die Leitungsebene evangelisch sein. Anders sieht es allerdings auch in Sachsen im Bereich der Diakonie mit ihren Kindergärten und Pflegeeinrichtungen aus.
In der Evangelischen Landeskirche Anhalts arbeiten im kirchlichen Dienst der Kirchengemeinden und der Landeskirche zurzeit 370 Mitarbeitende im Angestelltenverhältnis und 65 Pfarrer und Beamte. Ein Sprecher betonte, im landeskirchlichen Dienst würden Mitarbeiter ohne Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche in der Regel befristet für zwei Jahre eingestellt. In diesem Zeitraum könnten sie entscheiden, ob sie sich taufen lassen.