München (epd). Trotz der geltenden Pflicht zur Arbeitszeiterfassung müssen Angestellte nach Auffassung der Münchner Fachanwältin für Arbeitsrecht, Alexandra Callies, kein Bußgeld befürchten, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht aufzeichnen. „Die Verpflichtung zur Durchführung einer korrekten Arbeitszeiterfassung betrifft den Arbeitgeber“, sagte Callies dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in einer Entscheidung vom September 2022 die Pflicht zur systematischen Arbeitszeiterfassung festgelegt. Das sieht nun auch ein Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums aus diesem April vor.

Selbst wenn der Arbeitgeber eine korrekte Arbeitszeiterfassung anordne, drohe dem Arbeitnehmer kein Bußgeld, sagte Callies. Jedoch könnten andere Konsequenzen erfolgen. „Wenn ein Arbeitnehmer diese Pflicht nach einer entsprechenden Weisung verletzt, indem er seine Arbeitszeit nicht erfasst, kann der Arbeitgeber ihn abmahnen und im Wiederholungsfalle sogar kündigen“, erklärte die Anwältin der Münchner Kanzlei Kupka & Stillfried.

Voraussichtlich digitale Systeme

„Voraussichtlich müssen zur Arbeitszeiterfassung digitale Systeme verwendet werden“, sagt die Anwältin. Die Bereitstellung der technischen Möglichkeiten obliege dem Arbeitgeber. Nach dem Referentenentwurf zum Arbeitszeitgesetz sei beabsichtigt, grundsätzlich eine Pflicht zur elektronischen Erfassung einzuführen. Darunter würde auch die Nutzung einer Excel-Tabelle fallen. Für Betriebe mit weniger als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern solle eine nichtelektronische Zeiterfassung weiterhin zulässig bleiben.

Auch für den Abbau von Überstunden habe der Gesetzentwurf Folgen. „Wer die Aufzeichnung der Arbeitszeit als Beweismittel nutzen möchte, um Überstunden abzubauen, muss neben den exakten Arbeitszeiten zusätzlich nachweisen, dass der Arbeitgeber die Überstunden angewiesen oder zumindest bewusst toleriert hat“, sagte Callies. Wer die Arbeitszeit noch mit Papier und Stift erfasst, sollte die Aufzeichnungen vom Vorgesetzten gegenzeichnen lassen. „Bei einer digitalen Erfassung kann man sich dagegen meist darauf berufen, dass der Chef die Arbeitszeiten im System sehen konnte und damit die geleisteten Überstunden zumindest stillschweigend toleriert hat“, erklärte die Expertin.

Das geplante Gesetz werde auch für Berufe gelten, bei denen viel Arbeit außerhalb eines Büros geleistet werde. Es könne eine Handy-App verwendet werden, mit der Arbeitnehmer von überall Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit dokumentierten. „Die Pflicht zur Bereitstellung eines entsprechenden Diensthandys liegt beim Arbeitgeber“, sagt Callies.