Maputo/Quelimane (epd). In dieser Stadt dominiert bereits heute das Fahrrad das Straßenbild: Vor einer roten Ampel drängt sich ein Pulk von Radfahrern vor wenigen Autos. Die meisten Räder haben einen Fahrgast auf dem gepolsterten Gepäckträger. Auch im Hafen von Quelimane im Osten Mosambiks warten Fahrradtaxis auf die Passagiere der Fähre.
Quelimane mit seinen 400.000 Einwohnerinnen und Einwohner ist die Hauptstadt der Provinz Zambezia. Nur hier, 1.500 Kilometer nördlich der Hauptstadt Maputo, gibt es einen Radweg, den einzigen in ganz Mosambik.
Vor 15 Jahren habe der Fahrrad-Boom eingesetzt, berichtet der Chef der örtlichen Zentralbibliothek, Janota José Manuel. Heute diene das Rad vor allem dem Transport von Personen von einem Ort zum anderen, sagt er. Davon könnten die Fahrer der Radtaxis leben. „Es kostet nicht viel, und am Ende profitieren wir alle davon, weil es unsere Umwelt schützt.“
Keine Gangschaltung, keine Federung, kein Licht
Für umgerechnet 20 Cent nutzt Manuel täglich ein Fahrradtaxi, von denen es nach Behördenangaben in Quelimane mehr als 5.000 gibt. Bei Temperaturen von über 30 Grad Celsius ist der Job hart, zumal die reparaturanfälligen Importräder weder über eine Gangschaltung, noch eine Federung verfügen. Auch die Beleuchtung fehlt, obwohl viele „Taxistas“ auch nachts unterwegs sind.
Quelimanes Bürgermeister Manuel de Araújo möchte sie deshalb mit Warnwesten ausgestattet sehen, am besten auch mit Helmen. Das Vorstandsmitglied der oppositionellen Partei Renamo sieht das Fahrrad als entscheidendes Element einer gerechteren Stadtentwicklung. Zum Interview erscheint er an Krücken - Folge eines Fahrradunfalls, als er mit dem US-Botschafter durch seine Stadt geradelt war.
Nach seinem Amtsantritt vor zwölf Jahren kam Araújo zu dem Schluss, dass in seiner Stadt Fußgänger und Radfahrer deutlich zu kurz kamen gegenüber motorisierten Fahrzeugen. „Die Autofahrer sind von der fixen Idee besessen, dass die Straße für sie reserviert sei“, sagt er. „Aber die Mehrheit sind Fußgänger, dann kommen die Radfahrer und dann erst die Autos.“
In Maputo hingegen beherrschen nach wie vor die privaten Pkw den Verkehr. Aus Sicht des Ethnologen Joaquín Romero de Tejada, der für die staatliche Agentur „Agência Métropolitana“ die Verkehrsströme in der Hauptstadt analysiert, liegt das daran, dass viele Menschen sich ein Haus oder eine Hütte im Umland bauten, ohne daran zu denken, wie sie zur Arbeit in die Stadt kommen. Zugleich sei die Gesellschaft sehr hierarchisch. „Wenn ich ein Auto besitze, bin ich im öffentlichen Raum privilegiert und fühle mich gegenüber allen anderen Transportmitteln überlegen“, sagt er.
Autos haben weiter Vorfahrt
Im Ballungsraum Maputo müssen sich der „Agência Métropolitana“ zufolge täglich Hunderttausende Menschen mit Bussen und Minibussen aus dem Umland in die Stadt bewegen, ohne dass es eine einzige dafür reservierte Busspur gäbe. Ein erster Versuch, eine solche auf den breiten Alleen in Maputo zu markieren, scheiterte vor ein paar Jahren, angeblich am fehlenden Geld. Auch bei der nagelneuen vierspurigen Umgehungsstraße unterblieb jeder Versuch, dem Autoverkehr Platz für Busse oder Fahrräder wegzunehmen.
Maputo sei von Verhältnissen wie in Quelimane sehr weit entfernt, bemängelt etwa die Lehrerin Mariig Hamon. Die Franco-Kanadierin reiste über Weihnachten mit dem Tourenrad durch das bergige, zentralafrikanische Ruanda. Dort würden Radfahrer und -fahrerinnen respektiert. In Maputo dagegen bange sie auf dem Rad um ihr Leben. „Ich schreie die Autofahrer oft an, weil sie mich nicht wahrnehmen“, sagt Hamon. „Sie denken, nur sie selbst seien der Verkehr und ein Rad habe auf der Straße nichts verloren.“
Verkehrsminister Mateus Magala hat angekündigt, bis 2026 im Raum Maputo erste Busspuren und Radwege zu bauen. Rund 250 Millionen US-Dollar der Weltbank sollen dafür eingesetzt werden. Manuel de Araújo drückt bei der Umgestaltung seiner Stadt stärker aufs Tempo. Noch in diesem Jahr werde er in Quelimane die erste Straße für den motorisierten Verkehr dauerhaft sperren lassen. Es wäre Mosambiks erste Fahrradstraße.