Frankfurt a.M. (epd). Mit dem Spatenstich hat am 2. September in Frankfurt am Main der Bau der Jüdischen Akademie in Deutschland begonnen. „Wir wollen einen modernen Ort jüdischen Denkens schaffen“, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bei der Feier. „Wir möchten die Fenster aufstoßen für den Dialog mit Christen und Muslimen, mit unserer diversen Migrationsgesellschaft, mit anderen Ländern.“ Von der Idee bis zum Spatenstich seien acht Jahre vergangen. Frankfurt sei als Standort gewählt worden, weil es „die jüdischste Stadt Deutschlands“ sei.
Die Jüdische Akademie werde religiöse und interreligiöse Debatten führen und über die politische Kultur und Kulturpolitik reden, führte Schuster aus. Die Diskussionen sollten von jüdischer Philosophie und Ethik bis zu moderner israelischer Literatur und zum Film reichen. „Die Jüdische Akademie soll für frischen Wind sorgen. Sie soll in unseren Köpfen etwas anstoßen“, sagte Schuster. Die Bildungseinrichtung solle auch „Selbstzufriedenheit erschüttern“ - im Blick auf die Erinnerungskultur, den Kampf gegen Antisemitismus und die Integration von Einwanderern und Flüchtlingen.
„Ort der Neugier“
Die neue Akademie werde ein „Ort der Neugier“ sein, sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vertrat. Die Einrichtung werde „ein offenes Haus für eine offene Gesellschaft sein“. Rechte Gewalt und antisemitische Ressentiments seien in Deutschland auf dem Vormarsch, „das ist beschämend, das muss bekämpft werden, das hat keinen Platz in Deutschland“, sagte Kerber. Die Jüdische Akademie trage dazu bei, indem sie gegen Unwissenheit als Nährboden für Ressentiments arbeite.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) knüpfte daran an: „Wir setzen heute einen Kontrapunkt zu vielem, was in unserem Land schiefläuft“, sagte er. Die Jüdische Akademie stoße Fenster auf zu denen, die offen seien für Neues und lernen wollten. Das Haus solle „blühen“ für eine bessere Zukunft für Juden und alle Menschen in Deutschland. Das Ziel der Politik müsse sein: „Juden sollen ohne Angst in Deutschland leben können.“
Die Jüdische Akademie in Frankfurt am Main ist die erste überregionale jüdische Institution dieser Art, die nach dem Holocaust in Deutschland errichtet wird. Die Gesamtkosten des Projekts liegen laut Zentralrat bei 34,5 Millionen Euro. Die Stadt will 5,5 Millionen Euro zuschießen. Die Bundesregierung werde sich nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags mit 16 Millionen Euro und die hessische Landesregierung mit sieben Millionen Euro beteiligen. Die Fertigstellung des Baus ist für Ende 2023 geplant, 2024 soll die Jüdische Akademie ihren Betrieb aufnehmen.